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Lorenz Maroldt

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Die Marximalisten

Lorenz Maroldt über den Parteitag der Linken

Wenn man sich heute daran erinnert, mit welcher Erwartung, welcher Begeisterung, welchem Pathos vor genau zwei Jahren die Linke an den Start ging, müsste heute manches Parteimitglied vor Wut und Scham einen roten Kopf bekommen. Von der linken Einheit war die Rede, und von der Hoffnung, die Sozialdemokraten aufsaugen zu können.

Heute herrscht linke Zwietracht, und die Partei verfällt in der Wählergunst. Das ist für sie besonders schlimm, weil ja die Umstände so gekommen sind, wie ihr Vorsitzender Oskar Lafontaine es vorausgesagt hatte. Und wo die Finanz- und Wirtschaftkrise wütet, müssten rote Nelken eigentlich wie verrückt sprießen. Tatsächlich aber verwelken sie, jedenfalls außerhalb der Parteigewächshäuser.

Das alles geht einher mit einer offensichtlichen Radikalisierung. Das legt die Vermutung nahe: Das eine hat mit anderen zu tun. Dabei hatte die Linkspartei doch vor ihrem Gründungsparteitag erklärt, ihre entscheidende Aufgabe sei ein eigenständiger Beitrag mit lebensnaher Politik für das Zustandekommen einer demokratischen Alternative.

Doch so, wie sich die Partei präsentiert, ist sie nicht bündnisfähig und schon gar nicht mehrheitsfähig. Statt demokratische Alternative zu sein, ist die Linke zu einem weltfremdem Wünsch-Dir-Was-Verein verkommen. Sie stellt nicht nur absurde Maximalforderungen, sondern Marximalforderungen, und da kommt dann eben auch kompletter Unsinn heraus - zum Beispiel mit der Forderung, die Finanzindustrie zu vergesellschaften. Was soll denn das sein und werden? So macht sich die Linke selbst zur Karikatur einer ernsthaften politischen Partei.

Das zeigt auch die Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl. Trotzkisten und DKPisten führen im Westen das große Wort, SEDisten im Osten. Viele enttäuschte SPDler, vor allem Gewerkschafter, werden an den Rand gedrängt. Sozialdemokratische Strömungen, die der SPD hätten gefährlich werden können, sind nahezu vollständig verebbt. Statt dessen mutiert die DDR in der Darstellung der Partei, die selbst eine Mutation der SED ist, zum glücklichen Wohlfahrtsstaat. Die Berliner Linken, die mit der SPD die Stadt regieren, gelten dagegen als verweichlichte Rechtsabbieger.

Das alles wird vorangetrieben von Lafontaine, der immer noch eine Schippe drauflegt, um der SPD einzuheizen. Wenn die Sozialdemokraten einen Mindestlohn von 7,50 Euro fordern, fordert Lafontaine eben 10 Euro. Da verdrehen selbst viele Linke die Augen, weil sie wissen, dass so gerade kleine Betriebe in die Knie gehen würden.

Andere gehen ganz, wie Carl Wechselberg, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Ronald Weckesser.

Manche gehen auch zur SPD, und sie singen dabei schmutzige Lieder. Der Refrain dabei ist stets, dass die Partei unter dem rachsüchtigen Egomanen Lafontaine zur Sekte verkommt. Da geht dann auch unter, wenn der Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch erklärt, die SPD sei nicht mehr der Hauptgegner der Linken. Die Partei verhält sich aber noch so, jedenfalls in ihrer lautstarken Mehrheit.

Deshalb ist es schon spannend, was am kommenden Wochenende beim Wahlparteitag der Linken passiert. Die Partei trifft sich in Berlin, in der Max-Schmeling-Halle, ausgerechnet. Wenn hier die Reformer und Realos k.o. gehen, dann kann sich die Führung um Lafontaine eigentlich auch gleich nach Wandlitz verziehen.

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