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Auf den Punkt: Eine vernünftige Lüge

Hans Monath zum Parteiausschlussverfahren gegen Clement

Von Hans Monath

Wenn es so etwas wie eine vernünftige Lüge gibt, dann hat die SPD-Führung sie am Montag in die Welt gesetzt: Die SPD sei wegen des Schiedsgerichtsverfahrens gegen Wolfgang Clement nicht zerrissen, erklärte Parteichef Kurt Beck. Ganz offensichtlich ist die Diagnose nicht wahr, denn der NRW-Beschluss spaltete die SPD: Die Linke klatschte laut, die Verteidiger der Agenda-Politik jaulten auf und sehen nicht nur Clement, sondern die Schröderschen Reformen abgestraft.

Trotzdem ist Becks falsche Behauptung vernünftig. Er muss verhindern, dass die Spaltung seiner Partei weiter geht. Deshalb verkündete die Parteispitze, dass Beck für seine Analyse in den Spitzengremien flügelübergreifenden Beifall bekommen hat. Die Parteirechte ließ sich offenbar einbinden. In einer Doppelstrategie baut die SPD-Spitze Clement Brücken, verlangt aber zugleich eine Gegenleistung, nämlich das Eingeständnis eines Fehlers und den Verzicht auf weitere  Provokationen. Jede Wortmeldung hatte der Ex-Minister in den vergangenen Tagen genutzt, um klarzustellen, dass er weiter aufmüpfig bleiben will.      Entweder Clement soll reumütig in den Schoß seiner Partei zurückkehren, oder aber isoliert werden. Um das Verhalten, nicht um die Meinung geht es angeblich im Schiedsgerichtsverfahren. Deshalb hängt nun alles von Clements Psyche ab: Gibt er seinen Angreifern ein kleines bisschen Recht, oder nimmt er einen Kampf auf und stilisiert ihn weiter zum Richtungsstreit, den er nicht gewinnen kann? Die Anfragen der Talkshows bei Clement nach einem Ausschluss wären bald vorüber. Seine Partei aber müsste gegen den Vorwurf kämpfen, sie ertrage Meinungsfreiheit nicht. Das würde sie für Wähler der Mitte im kommenden Jahr nicht eben attraktiver machen.

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