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Auf den Punkt: Jung muss zurücktreten

Sven Lemkemeyer über den Angriff auf einen Tanklaster in Afghanistan - und die politischen Folgen

Jetzt wissen wir also, was wir eigentlich schon lange wussten. Bei dem heftig diskutierten und umstrittenen Angriff auf zwei von den Taliban entführte Tanklaster in Afghanistan hat es doch zivile Opfer gegeben. Und die Informationen über die Konsequenzen dieses von einem Bundeswehrkommandeur befohlenen und von Nato-Kampfjets durchgeführten Schlags vom 4. September lagen den Verantwortlichen in Berlin schon Stunden später vor. Danach taten die Militärs und ihr damaliger Dienstherr Franz Josef Jung (CDU) das, worin sie beim Afghanistan-Einsatz bisher am besten sind: tarnen und verschleiern. Die Untersuchung der Nato kam zu dem Schluss, dass bei dem Angriff bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt, darunter 30 bis 40 Zivilisten. Jung aber sagte beispielsweise am 6. September, es seien "nach allen mir zurzeit vorliegenden Informationen (...) ausschließlich Taliban getötet worden". Den Widerspruch zum Untersuchungsbericht der Nato löste er nie auf.

Jetzt liegen Fakten auf dem Tisch. Und in kürzester Zeit bestätigt Jungs Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), dass diese in der vergangenen Legislaturperiode zurückgehalten wurden. Die Konsequenzen tragen nun zunächst einmal der ranghöchste Soldat der Bundeswehr, der langjährige Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, sowie Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert, die ihre Ämter am Donnerstagmorgen aufgaben. Guttenbergs Watschen für seinen Vorgänger und dessen Krisenmanagement manifestieren nur, was in Reihen der Militärs schon bald nach Jungs Amtsantritt immer offener, aber natürlich nie offiziell ausgesprochen wurde: Der Hesse war für diesen Ministerposten nicht geeignet - und es war ihm anzumerken, dass er sich auf dem Chefsessel im Verteidigungsministerium nie wirklich wohl gefühlt hat. So wie es wohl den meisten Menschen geht, wenn sie sich überfordert fühlen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel war spätestens nach dem Vorfall in Kundus klar, dass Jung als Verteidigungsminister nicht haltbar sein würde. Die Bundestagswahl rettete Jung ins Ziel und die Kanzlerin verschaffte dem Parteikollegen einen Neustart - als Arbeitsminister. Wenn Jung ein wenig politisches Gespür hat, zieht er jetzt ganz schnell von sich die Notbremse und tritt zurück. Bevor die Kanzlerin ihn rauswirft. Denn die hat eigentlich keine andere Wahl, wenn sie am Ende nicht auch noch politischen Schaden nehmen will.

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