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Auf den Punkt: Kartell der Unbarmherzigkeit

Wolfgang Prosinger über Zynismus in der Sterbehilfe-Debatte

Sie hat ihren Frieden gefunden. Eluana Englardo durfte sterben, ehe es dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi gelang, diesen gnädigen Tod mit einem Gesetz zu verbieten. 17 Jahre lang war sie im Koma gelegen, jetzt hat sie das bekommen, was ihrem mutmaßlichen Willen entsprach: das Ende eines künstlich verlängerten Lebens. Was Berlusconi versuchte, ist eine doppelte Anmaßung. Er spielte sich zum Herrn über Leben und Tod auf, und er war bereit, dafür die Verfassung zu brechen, sich über das Urteil eines italienischen Gerichts zu stellen. Und der Vatikan war von Berlusconi plötzlich ganz begeistert.

Leider ist so eine Koalition nicht neu, und das alles ist ja auch kein rein italienisches Phänomen. Überall auf der Welt prallen in solchen Fällen zwei grundlegende Rechtsgüter zusammen: das Selbstbestimmungsrecht und der Lebensschutz. Und immer wieder tritt da ein unseliges Kartell der Unbarmherzigkeit auf den Plan. Auch in Deutschland. Politiker, Kirchenleute und manche Ärzte wollen den kranken, den leidenden, den sterbenden Menschen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben; wollen bestimmen, was würdig sei und was nicht. Was für eine Überheblichkeit! Denn niemand anderes als der Betroffene selbst kann und darf entscheiden, was für ihn Würde ist. Den Einzelnen für die Interessen eines abstrakten Normschutzes leiden zu lassen, und dies womöglich jahrelang, ist blanker, inhumaner Zynismus.

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