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Helmut Schümann

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Klub der Gestrigen

Helmut Schümann über Klinsmanns Rauswurf beim FC Bayern

Eine Trainerentlassung, eine Neuanstellung, wenn auch nur für überschaubare Zeit - der FC Bayern München also doch nur ein ganz normaler Fußballklub, bei dem im Fall des Misserfolgs ein Verantwortlicher, der Trainer, gesucht und geschasst wird? Wohl kaum. Der Rauswurf von Jürgen Klinsmann, die fast schon verzweifelte Installation von Ruheständler Jupp Heynckes: auch in diesem Fall erreicht der Rekordmeister Einzigartigkeit. Einzigartigkeit, weil auch diese Personalie für alle individuell Beteiligten, für den Klub selbst und für den deutschen Fußball von gewaltiger Tragweite ist.

Da ist Jürgen Klinsmann, der strahlende Held eines neuen Deutschlands, eines fröhlichen Deutschlands, das leicht und heiter und schwebend das Sommermärchen 2006 zelebrierte. Er hatte doch den Ruck geschafft, den Jahre zuvor der damalige Bundespräsident Herzog gefordert hatte. Er hatte das Image der Deutschen und des Deutschen erweitert um die Leichtigkeit des Seins. Und er ist nun entzaubert. Gescheitert an den Ergebnissen, die nicht sind wie sie sein müssen in München, die eine Katastrophe sind, weil sie den FC Bayern neben der weltweiten Finanzkrise auch noch in die ureigene befördern.

Und dann ist da Uli Hoeneß, der wie kein Zweiter seit 30 Jahren den Fußball in Deutschland von München aus prägte. Abschied wollte er nehmen vom operativen Geschäft nach dieser Saison - und sieht jetzt nicht weniger als sein Lebenswerk angegriffen. Welche Tragik: Jahrzehntelang widersetzte sich Hoeneß dem international üblichen Geschäftgebaren, blieb konservativ bei der Geldausgabe und stemmte sich gegen die Umstrukturierung seines Klubs vom Familienbetrieb zum kalten Konzern. Ausgerechnet jetzt, da er mit den Einkäufen der Stars Ribery und Toni sein altes Prinzip aufgab, ausgerechnet jetzt, da er zuließ, dass der Neuerer Klinsmann den Verein umkrempelte und per Computeranalyse auf die vermeintliche Moderne trimmte, da scheitert Hoeneß.

Und da ist Jupp Heynckes, der wohl aus Freundschaft zu Hoeneß einspringt, und der doch gleichzeitig die Personifizierung dessen darstellt, dass der FC Bayern München auf seinem Weg zurück in die erste Riege des europäischen Fußballs keinen Schritt weiter ist. Ein guter Mann, keine Frage, aber eben ein Mann von gestern. Mit anderen Worten: Was ist geblieben vom Sommermärchen, vom Schritt der Bayern in die Zukunft? Das Gestern!

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