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Dagmar_Rosenfeld

© Mike Wolff

Auf den Punkt: Olympische Langeweile

Dagmar Rosenfeld fühlt sich von Olympia belästigt

Vielleicht geht mit den Chinesen ja doch noch die Zensurlust durch und der Fernsehbildschirm bleibt schwarz. Der chinesischen Regierung könnte zum Beispiel auffallen, dass die Orangetöne der Flagge von Buthan, das mit zwei Athleten an den Olympischen Spielen teilnimmt, verdächtig nach Daila-Lama-Gewand aussehen. Die chinesische Regierung könnte auch entdecken, dass bestimmte Figuren des Synchronschwimmens durchaus politische Botschaften enthalten: So sehen ein Kip Split, Kipnus und Sommersault Front Pik hintereinander geschwommen von oben betrachtet verdächtig nach den Buchstaben T I B E T aus.

Es besteht also durchaus noch eine Chance, nicht mit den olympischen Spielen belästigt zu werden - einer Sportveranstaltung, deren Unterhaltungswert auf einem Niveau mit dem der Weltmeisterschaft im Pfahlsitzen im Heidepark Soltau liegt. Der Bekanntheitsgrad der allermeisten Olympiateilnehmer ist ähnlich hoch wie der der Pfahlsitzer. Deswegen würde Panini auch nie auf die Idee kommen, ein Sammelalbum mit Olympia-Athleten herauszugeben. Und auch in Sachen Spannung tun sich das Herumsitzen auf Pfählen und die olympischen Disziplinen nicht viel: Wasserspringen, Bodenturnen, Bogenschießen, Synchronschwimmen - alles Dinge, die die Welt nicht braucht. Überschattet vom olympischen Geist verlieren selbst Sportarten wie Fußball an Spannung.

Der olympische Geist heißt mit Zweitnamen Langeweile. Während sich die Pfahlsitzer auf den Pfahl setzen, weil sie die Pfahlsitz-WM gewinnen wollen, geht es denen bei Olympia nur ums Dabeisein. Ein sportlicher Wettkampf der unter dem Motto "Dabei sein ist alles" steht, ist wie Döner ohne scharfe Soße, wie Schweini ohne Poldi, wie die Tour de France ohne Doping - fade und überflüssig. Da sehnt man sich nach der Fußball-EM zurück, nach dem Herz in der Hand, der Leidenschaft im Bein und der Siegeslust im Blick. Selbst ein Deutschland-Türkei-Spiel mit Bildausfall und Waldemar Hartmann ist spannungsgeladener als Olympia mit Bild und ohne Waldemar Hartmann.

Wie gesagt, vielleicht schlagen Chinas Zensoren noch zu - falls sie beim Zuschauen nicht die Langeweile dahingerafft hat.

Dagmar Rosenfeld

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