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Werner van Bebber

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Politischer Großversuch II

Werner van Bebber über Rot-Rot in Brandenburg

Die Brandenburger haben es so gewollt, mehrheitlich jedenfalls. Sie haben die Linken mit dabei haben wollen in der Politik, vom Anfang der Nachwendezeit an, ganz gleich, ob die Linken Linke hießen oder PDS oder SED-PDS. Am Anfang, als Manfred Stolpe Brandenburg auf den dritten Weg brachte, waren es nur elf oder dreizehn Prozent der Wähler, die noch und wieder an den Sozialismus glaubten, dann wurde es immer mehr, bis zu 28,5 Prozent bei der Europawahl. Nun sollen die Linken zeigen, was sie können, jedenfalls in der Landespolitik.

Grund zur Sorge haben, bis auf weiteres, die meisten Brandenburger nicht. Was SPD und Linke miteinander vorhaben, geht programmatisch eher auf Kosten der Neo-Sozialisten als zu Lasten der Genossen. Gläubige Sozialisten halten das, was die Linken mitmachen wollten, für ein Desaster. Die Basis hat das Projekt Mitregieren trotzdem erstmal abgenickt. Wie in Berlin, in der ersten rot-roten Koalition, wirken die obersten Sozialisten kompromisslerisch und ein wenig angesäuselt von der Möglichkeit der Teilhabe an der Macht, aufgeregt vom Zugang zum Apparat.

Wie in Berlin, die Prognose sei gewagt, wird das Regieren auch in Brandenburg die Linken stärker machen, die Genossen aber schwächen. Die Linken haben einen funktionierenden Überbau, die Sozialdemokraten hadern mit ihrem Programm und haben einen Teil ihrer Grundsätze aufgeben. So gesehen hat der kleine Teil der Brandenburger, der in der SPD organisiert ist, durchaus Grund zur Sorge. In Berlin ist nicht mehr zu sagen, wer hier wen kräftiger umarmt, derweil die Linken kräftig und mutig genug geworden sind, um der SPD die eine oder andere Vorgabe zu machen, in der Bildungs- oder in der Sozialpolitik.

Nichts spricht dafür, dass es in Brandenburg anders und besser für die SPD kommen wird: Matthias Platzeck, der Mann, der mal eindrucksvoll und authentisch für die Hartz-Reformen gestritten hat, ist der Sinn für ideologische Auseinandersetzungen vergangen. Seine Begründung für das Bündnis – Rot-Rot garantiere die breitere Mehrheit bei der Ministerpräsidentenwahl – ist fast so etwas wie das Geständnis eigener Schwäche. Sein Versuch, dem Vorhaben durch ein „Spiegel“-Essay eine gesellschaftliche Legitimation zu geben, überzeugt nicht wirklich: Nicht die Funktionäre, die Kader, die Gläubigen aus DDR- und SED-Zeiten müssen mit der Demokratie versöhnt werden, sondern diejenigen, die eine sozialistische Partei wählen.

So läuft nun in der Hauptstadt-Region ein politischer Großversuch (dessen Kosten, das nur in Klammern, von anderen Teilen der Republik bestritten werden): Zwei charmante Strategen – Klaus Wowereit und Matthias Platzeck – versuchen sich an der Reparatur der SPD. Und das ist noch das Beste, was man heute politisch über Berlin-Brandenburg sagen kann.

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