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Gerd Nowakowski

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: So kann sich Hartz IV lohnen

Gerd Nowakowski über das neue Betreuungsgeld

Wenn das der von der FDP immer geforderte Vorrang für die frühkindliche Bildung sein soll, dann haben wir da wohl jahrelang was falsch verstanden. Das Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro, das es laut schwarz-gelber Koalitionsvereinbarung ab 2013 für all jene Familien geben soll, die Kinder unter drei Jahren zu Hause lassen und nicht in Krippen und Kitas geben, ist jedenfalls das krasse Gegenteil von Bildungsförderung - auch wenn sich die CSU ihres erfolgreichen Einsatzes für eine „bürgerliche Politik“ rühmt.

Die neue Koalition setzt fatale Signale. Sie bringt Frauen unter Druck, sich gegen eine Erwerbstätigkeit zu entscheiden und zementiert damit Erziehungsdefizite in bildungsfernen Bevölkerungsschichten. Nicht, dass Kinder nicht auch zu Hause liebevoll und fürsorglich betreut werden. Doch was für die bayerische Provinz ohne eine ausreichende Versorgung mit Kindergartenplätzen noch angehen mag, wird in Großstädten zu massiven Integrationsproblemen führen.

Gerade in Berlin, wo die Landesregierung sich seit Jahren bemüht, dass alle Kinder eine Krippe oder eine Kita besuchen, ist das eine massive Erschwernis. Bildungsferne deutsche und migrantische Familien werden sich voraussichtlich massenhaft dafür entscheiden, lieber die 150 Euro zu kassieren. Mit dem Betreuungsgeld wird das Integrationsinteresse noch weiter sinken. Alle Bemühungen, diese Familien mit kostenlosem Kita-Besuch zu locken, werden damit gefährdet oder sind hinfällig.

Politiker wie der Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky warnen seit langem, dass es für viele Familien - vor allem mit vielen Kindern - weit lukrativer ist, von Hartz IV zu leben, als sich um Arbeit zu bemühen. Mit dem Betreuungsgeld wird erst recht ein Anreiz geschaffen, auf diese Weise das Einkommen zu erhöhen - zu Lasten der Kinder und zur künftigen Belastung für die Gesellschaft. Und wer darauf hoffen sollte, dass das Betreuungsgeld bei bestimmten Familien statt in bar auch in Form eines Gutscheins ausgegeben werden kann, den werden die Gerichte voraussichtlich eines Besseren belehren. Das wird auch die liberale FDP wissen.

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