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Bernd Matthies

© Kai-Uwe Heinrich

Gesellschaft: In der dunklen Ecke

Bernd Matthies über die brennenden Autos in Berlin

Es gibt in Berlin eine Parallelgesellschaft. Allerdings nicht dort, wo wir sie normalerweise vermuten, unter den Migranten, Islamisten. Sie besteht vielmehr aus Deutschen, überwiegend jungen Deutschen offenbar, die sich in einer dunklen Ecke eingerichtet haben, Verlierer und Versager, zerfressen von Hass und Häme. Ihre Ausdrucksform ist das Anzünden von Autos - wie die Polizei meldet, gab es gerade eben den 100. Anschlag dieses Jahres.

Vermutlich handeln diese Leute in der Auffassung, ihre Taten seien Ausdruck eines politischen Kampfs, doch die hinter dieser Wahnidee steckende Gesellschaftsanalyse hat die Tiefe einer austrocknenden Pfütze: Ihr Feind ist das Kapital, ihr Ziel sind Autos, Luxusautos zumal, die großen Firmen oder deren Repräsentanten gehören. Das betreffende Unternehmen muss nur in negativem Zusammenhang in den Schlagzeilen erwähnt werden - Bahn, Vattenfall, Siemens - und schon schlagen die Zündler zu, offenbar in der Hoffnung, damit klammheimlichen Beifall auch in eher bürgerlichen Bevölkerungskreisen zu erzeugen. Richtig ist wohl zumindest, dass sie damit über den engsten Kreis hinaus zumindest Zustimmung in der Szene finden und Nachahmer motivieren. Das dürfte der Grund dafür sein, dass die Polizei mit riesigem Aufwand immer mal wieder jemanden festnimmt, aber das Zündeln nicht stoppen kann; auch der Strafrahmen, den das Gesetz für Sachbeschädigung zieht, ist als Abschreckung nicht wirklich geeignet.

Dass die Zündler etwas zu tun haben mit jenen eher harmlosen Volkserziehern, die aus den Reifen mutmaßlicher "Spritfresser" die Luft herauslassen, ist eher unwahrscheinlich, denn sonst müsste ihnen zumindest auffallen, dass das Abfackeln von Autos mit anschließendem Neukauf kaum den Anforderungen an klimaneutrales Verhalten entspricht. Doch wir reden hier nicht von argumentierender Vernunft, sondern von neidgesteuerten Reflexen, die vermutlich nur durch konsequentes Totschweigen zu stoppen wären - doch das ist angesichts der Medienaufmerksamkeit kaum denkbar. Es wird so weitergehen wie mit den Kreuzberger Krawallen: Irgendwann flaut die Sache ab, wird selbst den härtesten Wirrköpfen langweilig. Aber das kann noch sehr lange dauern.

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