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Lorenz Maroldt

© Kai-Uwe Heinrich

Landtagswahlen: Wahlsieger, überall Wahlsieger

Lorenz Maroldt über die strahlenden Gesichter bei der CDU, und bei der SPD sowieso

Angela Merkel sieht deshalb natürlich auch gar keinen Grund für einen Kurswechsel: „Es ist klar, dass wir an der Strategie überhaupt nichts zu ändern haben.“ Klar, warum denn auch? Die CDU hat ja in Thüringen und im Saarland und bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen nur zweistellig verloren, nicht dreistellig. Außerdem ist das alles nur Regionalfolklore, die nichts zu tun hat mit echter Bundespolitik. Hat Merkel ja auch schon vor dem Sonntag gesagt. Klar.

Doch selbst dann, wenn sie wollte: Einen Kurs kann man nur wechseln, wenn man überhaupt mal einen hat. Unter Käpt’n Merkel treibt die ganze Union orientierungslos durch eine riesige Nebelbank – und traut sich nicht mal laut zu tuten. Langsam merken die Leute, dass sie so verschaukelt werden. Auch Merkels Offizieren Rüttgers, Koch und Wulff fällt nichts anderes ein, als von der Mannschaft Geschlossenheit zu fordern. Freiwillig geht in so einer Situation niemand über Bord. Nur Maat Missfelder macht ein bisschen Radau, ihm ist da zu wenig Gefühl drin, er will mehr Emotion. Aber etwas Neues fällt ihm auch nicht ein, und an künstliche Hüftgelenke traut er sich nicht mehr ran.

Auf der Schaluppe nebenan, die sich noch immer für einen Tanker hält, sind die Kommandos nicht minder bizarr. Kanzlerkandidat Steinmeier freut sich und sieht die SPD im Aufwind. Dafür gibt’s nur eine Erklärung: Er verwechselt die verspürte Luftbewegung mit dem Gegenwind, der ihm beim Absturz ins Gesicht bläst. Aber immerhin: In Thüringen hat die SPD das Projekt 18 gerade noch geschafft und liegt nur knapp zehn Prozentpunkte hinter der Linkspartei; im Saarland hat sie nicht mal sieben Pünktchen verloren und liegt eine volle Unterhosenbreite vor Lafontaines Linken; und in Sachsen ist sie nach grandiosem Kampf von 9,8 auf 10,4 Prozent gestürmt – na bitte, geht doch. Nebenbei hat sie der schöne Steinmeieraufwind dazu noch in NRW zum schlimmsten Kommunalwahlergebnis aller Zeiten getragen: Von 14,4 Millionen wahlberechtigten Bürgern haben doch tatsächlich zwei Millionen SPD gewählt, einfach so! „Ein Riesenfortschritt“, stellt der NRW-Ureinwohner Müntefering fest. Klar, dass auch hier an der Strategie nichts zu ändern ist.

So lange die anderen ebenfalls verlieren ...

Die Wahlverlierer feiern die Niederlagen der anderen. Und so zieht an beiden einstmals großen Parteien die Dynamik dieser neuen Zeit völlig vorbei. Sie haben zu wenig zu bieten, deshalb ist ihr oberstes Ziel der Misserfolg der anderen. Wichtiger als die Gründe, warum sie selbst gewählt werden möchten, werden so die Gründe, weshalb die anderen nicht gewählt werden sollten. Eine neue Form von Abschreckungspolitik, gegen das jeweils andere angebliche Bündnis des Schreckens. Da wäre es konsequent, die heutigen Koalitionäre würden ihre Wahlwerbung auf zwei Plakatmotive beschränken: Die SPD tapeziert das Land mit dem Kopf von Westerwelle, ganz ohne Worte, die CDU mit dem von Lafontaine. Verrückter als das, was Merkel, Müntefering und Steinmeier über die letzten Wahlen sagen, wäre das jedenfalls auch nicht.

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