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Meinung: Auf Sand gebaut

Die Deutsche Bank ruiniert das Vertrauen in Immobilienfonds – und ihr eigenes Image

Es hat sich herumgesprochen, dass die Bundesbürger mehr für ihre private Altersvorsorge tun müssen. Weil sich aber mancher mit Aktien verspekuliert hat und die Zinsen niedrig sind, haben sich viele auf den Immobilienmarkt gewagt. Die „Rente aus Stein“ ist zwar langweilig, gilt aber als solide und langfristig rentabel.

So auch Immobilienfonds, die sich für Anleger eignen, die sich Haus oder Eigentumswohnung nicht leisten können oder wollen. Der Charme der offenen Fonds: Man kann jederzeit rein – und wieder raus. Ihr Risiko: Die Mieten für Bürotürme, Mietshäuser und Einkaufszentren, an denen Anleger Anteile halten, schwanken mit der Konjunktur. Läuft es schlecht, verlieren die Immobilien an Wert – und damit auch der Fondsanteil.

Kunden der Deutschen Bank erleben gerade, was passiert, wenn es ganz schlecht läuft. Der offene Immobilienfonds „Grundbesitz-Invest“ muss dringend neu bewertet werden und wurde geschlossen, weil die plötzliche Massenflucht der Anleger die Tochter der Deutschen Bank, DB Real Estate, in Zahlungsschwierigkeiten gebracht hatte. So schnell, wie die Anleger ihr Geld zurückhaben wollen, kann der Fonds seine Immobilien aber nicht verkaufen. Das Unternehmen zog deshalb die Notbremse, die Anleger bleiben bis auf weiteres auf ihren Anteilen sitzen. Und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann will kein Retter in der Not sein.

Warum auch, könnte man fragen. Das Risiko war ja allen Anlegern bekannt. Und warum sollten die Aktionäre der Deutschen Bank ausbaden, was Immobilienmanager der DB Real Estate versäumten? Doch so einfach ist es nicht. Zu Recht sorgt die Einmaligkeit des Vorgangs sowie dessen Dimension – es geht um ein Vermögen von rund sechs Milliarden Euro und 300 000 Anleger – in der Branche für Empörung. Noch nie in der Nachkriegsgeschichte wurde ein offener Immobilienfonds geschlossen. Schieflagen gab es einige, zuletzt bei den Sparkassen und der Hypo-Vereinsbank. Doch hier sprangen die Eigentümerbanken ein, nahmen Blessuren in Kauf und Risiken in ihre Bücher und retteten so das Vertrauen der Anleger.

Dass ausgerechnet die Deutsche Bank, die profitabelste und größte Finanzadresse in Deutschland, anders verfährt, verwundert Kritiker des Bankhauses nicht. Nicht zum ersten Mal überfährt Josef Ackermann auf dem Weg zu seinem ambitionierten Renditeziel die Interessen der privaten Kundschaft. Und zum wiederholten Mal übersieht er, dass die betriebswirtschaftlich vielleicht richtige Entscheidung von der Öffentlichkeit als Skandal wahrgenommen wird. So war es bei der Trennung von den Privatkunden der Bank 24, die später zurückgenommen werden musste. So war es vor Monaten bei der Parallelverkündung von Stellenabbau und Renditeziel.

Die Deutsche Bank will sich offenbar von ihrem Immobiliengeschäft trennen. Das mag hilfreich sein, um in die globale Bankenelite zu gelangen. Dass dem Unternehmen dabei jedes Mittel recht zu sein scheint, stört auch die Finanzaufsicht. Sie warnte Ackermann schon vor Monaten vor drohenden Wertverlusten. Doch der Banker hoffte wohl, dass seine Kunden stillhalten. Nun kommt es anders. Nicht nur der Putz an der Fassade der Deutschen Bank bröckelt. Auch die „Rente aus Stein“ sieht plötzlich nicht mehr solide aus.

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