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Meinung: Aus Angst vor den Omas

Tom Buhrows lahme Verteidigung.

Am Dienstag geht es in der Debatte um das kurz vor Weihnachten ausgestrahlte, satirisch gemeinte Umweltsau-Lied des WDR in die nächste Runde: Die Redakteursvertretung des WDR hat zur Versammlung eingeladen, auch WDR-Intendant Tom Buhrow wird daran teilnehmen. Nach der rechten Empörungswelle, der Kritik am pauschalen Oma-Bashing, der rechten Demonstration vor dem WDR-Gebäude in Köln und Morddrohungen an einen freien Mitarbeiter ist der interne Klärungsbedarf groß.

Enttäuschender Erklärungsversuch

Buhrow, der als WDR-Intendant seit dem 1. Januar auch Vorsitzender der ARD ist, hatte sich öffentlich für das Satirevideo entschuldigt, nachdem es bereits vorher von den Programmverantwortlichen gelöscht worden war. Dafür war er wiederum von verschiedenen Seiten kritisiert worden, unter anderem von der WDR-Redakteursvertretung, aber auch von der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken. Zuletzt warfen 40 Autorinnen und Autoren für Comedy-Fernsehsendungen Buhrow vor, durch seine Reaktion die Presse- und Meinungsfreiheit zu gefährden.

Buhrows Erklärungsversuch im „Spiegel“-Interview fiel enttäuschend aus. Man werde doch noch mal Entschuldigung sagen dürfen, ohne dass einem gleich Zensur vorgeworfen wird, sagte er. Ja, das ist wahr – doch man wird sich trotzdem die Frage gefallen lassen müssen, ob diese Entschuldigung und das Löschen des Videobeitrags gerechtfertigt waren.

Wirksame Intendanten-Strategien gesucht

Buhrows Antworten lassen daran zweifeln. Die Anzahl berechtigter kritischer Stimmen – rechte Instrumentalisierung nimmt er ausdrücklich aus – beziffert Buhrow auf „Hunderte Seniorinnen und Senioren und deren Enkel“. Reicht das aus, um die öffentliche Entschuldigung eines Rundfunk-Intendanten zu rechtfertigen? Müsste es da nicht an vielen Montagen eine Entschuldigung für den am Vorabend gezeigten „Tatort“ geben, gefolgt von der Löschung aus der Mediathek?

Den Fragen nach seinem Satireverständnis weicht Buhrow aus, auf die Frage nach rechter Instrumentalisierung geht er nur kurz ein. Von einem der mächtigsten Medienmenschen in diesem Land hätte man sich mehr erhofft. Etwa den Hinweis darauf, dass es gerade die Aufgabe des Öffentlich-Rechtlichen ist, kontroverse Beiträge zu relevanten Themen zu veröffentlichen, um die Debatte weiterzubringen. Das ist nun gehörig schiefgelaufen – was mehr sagt über die Debattenkultur als über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk selber. Man kann nur hoffen, dass in der Redaktionsversammlung am Dienstag Strategien besprochen werden, wie nicht nur Journalistinnen und Journalisten, sondern auch Intendanten in Zukunft besser für Kritikstürme ähnlicher Art gewappnet sind.

Anna Thewalt

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