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Meinung: „Bei den Tickets kann man kein Lob erwarten“

Seine Stimme klingt hektisch. „Ich bin gerade in Beratungen“, ruft er.

Seine Stimme klingt hektisch. „Ich bin gerade in Beratungen“, ruft er. „Ich kann gar nichts sagen.“ Er legt auf. Am liebsten arbeitet Horst R. Schmidt, 63, im Stillen.

Am Donnerstag hatte der Vizepräsident des Organisationskomitees der Fußball-WM 2006 wieder einmal eine Niederlage zu verhindern. Das Landgericht Frankfurt am Main zweifelte die Rechtmäßigkeit des WM-Kartenverkaufs an. Geklagt hatten Verbraucherschützer gegen das Optionsticket-Programm, mit dem sich schon 65 000 Fans das Recht gesichert haben, von Sponsoren und Verbänden nicht genutzte Tickets zu erwerben. Dabei müssen Fans eines der bestellten Spiele im Voraus bezahlen – obwohl nicht feststeht, ob sie Karten bekommen. Gehen sie leer aus, bekommen sie ihr Geld zurück – abzüglich einer Gebühr. All das ist eine Erfindung von Schmidt – und all das ging dem Gericht zu weit. Nach dem Scheitern einer außergerichtlichen Einigung gestern will das Gericht nun am kommenden Mittwoch entscheiden.

Schon bei der WM 1974 in Deutschland hatte Schmidt den Kartenverkauf verantwortet und sich seinen Ruf als akkurat ackernder Funktionär erworben. Diesmal ist die Aufgabe für den DFB-Generalsekretär etwas undankbarer. Von den 3,2 Millionen Eintrittskarten steht nur ein Drittel den Fans zur Verfügung, den Rest vergibt der Weltverband Fifa an Sponsoren und Verbände. Schmidt verkauft das wenige, was er hat, im Internet. Am Ende wird es wieder viele Verlierer geben. Da hilft ihm auch der Hinweis nicht, dass „wir an die Richtlinien der Fifa gebunden sind“.

Die Fifa ist rechtzeitig auf Distanz gegangen. „Der Kartenverkauf ist etwas perfektionistisch“, bemängelte deren Präsident Joseph S. Blatter. Es war wohl eine kleine Rache dafür, dass die deutschen Organisatoren der Fifa den Kartenverkauf abgenommen hatten. Bei den vergangenen Turnieren hatte es in ausverkauften Stadien oft leere Tribünen gegeben, der Schwarzhandel selbst mit Karten von Fifa-Verantwortlichen blühte. Nun muss jeder Käufer seine persönlichen Daten angeben, die lassen sich mit einem elektronischen Chip in der Karte identifizieren. Selbst Todesfälle von Ticketinhabern wollte Schmidt kontrollieren lassen. Schließlich musste er eine Tauschbörse einrichten. Doch nun kritteln Verbraucherschützer an seiner Idee herum, Wartelisten für überschüssige Karten einzurichten. Schmidt schüttelt darüber den Kopf. Und ackert weiter.

Seit Jahrzehnten macht er Verbands- und Kompromissarbeit, verhindert Niederlagen und feiert in Gremien stille Siege. Diesmal aber muss Schmidt jede seiner Entscheidungen rechtfertigen. Das liegt ihm, dem langjährigen Beamten der Finanzverwaltung, erkennbar nicht. Sein Hobby ist Angeln.

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