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Meinung: Bei Rundflügen über Berlin geht’s rund

„Notlandung in Schönefeld. Nach Rosinenbomber-Unglück wird über Ursachen und Risiken debattiert“ von Jörn Hasselmann und Claus-Dieter Steyer vom 21.

„Notlandung in Schönefeld. Nach

Rosinenbomber-Unglück wird über

Ursachen und Risiken debattiert“

von Jörn Hasselmann

und Claus-Dieter Steyer vom 21. Juni

Seit endlosen Monaten endlich wieder ein erholsamer, ruhiger Sonntag – ohne ohrenbetäubendes Flugzeugdröhnen, immer und immer wieder, Flugschleife um Flugschleife, bis in die späte Nacht – bevorzugt an Wochenenden.

Es ist unbegreiflich, dass die zuständige Genehmigungsbehörde mehreren hunderttausend Berlinern diesem Lärm und, wie man jetzt erfahren musste, dem hohen Risiko einer Katastrophe ausgesetzt hat, nur um einer Handvoll Touristen einen Blick auf die Stadt werfen zu lassen, den sie auch bei Google haben könnten.

Gut, dass das Ding weg ist. Nostalgie für diesen Preis will niemand haben!

Sieghart Kühn, Berlin-Mariendorf

Gute Besserung den Verletzten, und vielleicht gelingt es ja auch, den Oldtimer wieder ganz zu machen. Damit er in Berlin zwar starten, aber zu einem richtigen Ziel fliegen kann. Damit er seine Lärmschleppe nicht immer im Kreis herum über Millionen von Menschen zieht, jedes Wochenende, stundenlang, oft bis knapp vor Mitternacht. Musik in den Ohren der Berliner war das, 1948 mit Rosinen an Bord – heute ist es überflüssiges Gedröhne, mit dem in seltsamer Sekt-Nostalgie den Leuten die Rosinen aus der Tasche gezogen werden.

Die Mindesthöhe wird vielleicht nicht unterschritten, aber überschritten ist die Grenze des Verträglichen, wenn es über der Innenstadt immer wieder dröhnt wie bei einer Flugschau.

Jörg Schwandt, Berlin-Wilmersdorf

Die DC-3-Rundflüge waren schon immer ein Lieblingshaßobjekt der Luftfahrtgegner. Mal soll die betagte Dame der Lüfte am Tempelhofer Damm ein Haus abgedeckt haben, ein anderes Mal bildete sich in Potsdam eine Initiative wegen der angeblichen Lärmbelästigung. Niemand an der Küste käme auf die Idee Kreuzfahrtschiffen das Einlaufen zu verweigern, obwohl solche Schiffe schom mal ein Kraftwerk für eine Stadt wie Potsdam darstellen. Jetzt erhallt aus diesen Kreisen der Ruf, historischen Flugzeugen total den Überflug von Berlin zu verweigern. Das ist in keiner Relation zu Vorfällen mit solchen Oltimern im Vergleich zu modernen Verkehrsflugzeugen. Hier wird bilderstürmerisch auf dem Boden einer Anti-Tempelhof-Bewegung und der Forderung einer schnellen Schließung des Flughafens Tegel gewettert. Bei der DC-3 Dakota geht es aber auch um das Symbol der Luftbrücke die den SED-Nostalgikern genauso schwer im Magen liegt wie der Palast der Repubik einigen Anti-Ostzonen-Nostalgikern im Westen im Magen lag.

Manfred Neumann, Berlin-Lichterfelde

Unzählige Male flog der DC-3-Brummer über unser Hausdach hinweg. An schönen Sommersonntagen begann das gegen 8.45 Uhr. Und genau da war die Chance enorm hoch, dass die vorgeschriebene Mindestflughöhe von 600 Metern deutlich unterschritten wurde. Denn zu diesem Zeitpunkt saß kein Berlin-Brandenburger Beamter in Potsdam-Eiche am Höhenmessgerät. Und schließlich sollten die 30 Passagiere an Bord die Details von Sanssouci möglichst gut erkennen können. Kurzum: In Abhängigkeit von Publikum und Datum variierten die Piloten sehr deutlich und kreativ die Flughöhe über Potsdams Wohngebieten im Umfeld des Welterbeparks von Sanssouci. Zu Luftbrückenfeiern und während der ILA war offensichtlich real so ziemlich alles erlaubt. Das bedeutete dann z. B. oft nur 150 Meter Flughöhe über dem Kahlenberg in Potsdam-Eiche.

Mit der technischen Sicherheit der Oldtimer wurde geradezu geprotzt. Wenn besorgte Hausbesitzer oder Baudenkmalpfleger die Vision eines Absturzes oder einer Notlandung an die Wand malten, wurden sie rüde ausgelacht und verspottet. Aber nun ist es passiert. Der Aufschlag auf dem Acker am BBI-Bauzaun in Schönefeld war hart. Sieben Passagiere wurden verletzt, die Maschine schwer beschädigt. Aber es hätte auch Tote geben können. Man muss geradezu froh sein, dass der Ausfall der Antriebsmotoren so schnell nach dem Start kam. Sonst hätte eventuell auch das Brandenburger Tor, die Museumsinsel, das Charlottenburger Schloss, die Philharmonie, das Schloss Sanssouci oder das Neue Palais ernsthaft Schaden nehmen können.

Die Antwort auf das Geschehene kann nur ein Verbot von Rundflügen mit historischen Maschinen über dicht besiedeltem Gebiet sein.

Dr. Bernd-Reiner Paulke, Potsdam

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