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Meinung: Bequeme Angst

Von Dagmar Dehmer

Die Deutschen haben Angst um ihre Umwelt. An der Spitze der Angstmacher steht mit 59 Prozent die Atomkraft. Sie wird als sehr gefährlich eingeschätzt. Mit 53 Prozent steht knapp dahinter der Klimawandel. Gentechnisch veränderte Lebensmittel halten 51 Prozent der Deutschen für sehr riskant. Was Ängste weckt, wird offenbar auch wichtiger genommen. Das Thema Umwelt steht in der neuesten Umfrage im Auftrag des Umweltministeriums und des Umweltbundesamtes wieder an dritter Stelle. Die Deutschen nehmen es genauso wichtig wie die soziale Gerechtigkeit.

Allerdings sind die Ergebnisse der Studie widersprüchlich. Denn für ihre persönliche Lebensqualität halten mehr als ein Drittel der Deutschen ihr Einkommen (37 Prozent) am wichtigsten, mit 32 Prozent folgt die Gesundheit. Aber eine intakte Natur findet sich unter den zehn wichtigsten Faktoren für das persönliche Wohlbefinden nicht. Gefragt, ob die Bürger sich eher ein höheres Einkommen oder mehr Freizeit wünschen, sagten 52 Prozent sie hätten gerne mehr Geld, und 29 Prozent, sie hätten gerne mehr Zeit. Vor zwei Jahren lag das Verhältnis noch bei 42 zu 36 Prozent. Vielleicht erklärt das, warum sich das hohe Umweltbewusstsein der Deutschen nur bedingt in ihrem persönlichen Verhalten widerspiegelt.

Das Phänomen ist nicht neu. Aber die Umweltstudie liefert deutliche Belege für die These. Nur warum verhalten sich die Deutschen so widersprüchlich? Warum verlangen sie immer nur, dass der Staat handelt, obwohl sie es gerade bei der Umwelt oft selbst in der Hand haben, die Lage zu verbessern? Offensichtlich führt die Erkenntnis allein eben nicht zu einer Veränderung des Verhaltens. Das erlebt die Regierung ja derzeit auch bei ihren Hartz-Reformen. Die meisten fordern noch mehr Reformen, nur Auswirkungen auf sie selbst sollen sie möglichst nicht haben. Allerdings dürfte den meisten bewusst sein, dass ihre Position zumindest unehrlich ist. Vielleicht macht ihnen tatsächlich gerade das Angst.

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