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Beraterwechsels der US-Regierung: Vier Lotsen geh’n, der Käpt’n bleibt

Der Abgang zentraler Berater in den ersten zwei Amtsjahren ist in den USA normal. Mit den Personalwechseln stellt sich Obama auf die nächste Phase seiner Präsidentschaft ein: das Regieren mit konservativer Kongressmehrheit.

Verlassen die Ratten das sinkende Schiff? US-Präsident Barack Obama möchte beim UN-Gipfel Weltpolitik machen. Er beschwört die versammelten Nationen, alles zu tun für einen dauerhaften Nahostfrieden. Bereits 2011 könne ein Palästinenserstaat UN-Mitglied werden, sofern Israels Existenzrecht und Sicherheit garantiert sind. Daheim scheint ihm derweil die Kontrolle zu entgleiten. Vier Regierungsmitglieder wollen das Weiße Haus im Winter verlassen: Stabschef Rahm Emanuel, die Wirtschaftsberater Larry Summers und Christina Romer, Budgetdirektor Peter Orszag. Auch Sicherheitsberater Jim Jones soll offenbar gehen. Verteidigungsminister Bob Gates will 2011 abtreten.

Parallel stellen die Republikaner siegesgewiss ihre Strategie für die Kongresswahl in sechs Wochen vor: „A Pledge to America“. Das soll die Wähler an den „Contract with America“ erinnern, die Strategie für den Erdrutschsieg der Konservativen von 1994. Die Vorveröffentlichungen aus dem neuen Buch des Starjournalisten Bob Woodward über die Debatte um Obamas Afghanistanstrategie erwecken zudem den Eindruck, die Regierung sei heillos zerstritten. Ist Obama bereits am Ende, und wird er nach der absehbaren Wahlniederlage am 2. November zur „lame duck“?

Nein. Der Abgang einer Handvoll engster Mitarbeiter in den ersten zwei Amtsjahren ist in den USA normal. Mit den Personalwechseln stellt sich Obama auf die nächste Phase seiner Präsidentschaft ein: das Regieren mit konservativer Kongressmehrheit. George W. Bush verlor in den ersten 20 Monaten seine Strategieberaterin Karen Hughes, Börsenaufsichtschef Harvey Pitt, Finanzminister Paul O’Neill und Wirtschaftsberater Lawrence Lindsey, „seinen Larry Summers“. Das geschah, obwohl die Anschläge von 9/11 besondere Loyalität und Zusammenhalt erzwangen. Bill Clinton hatte in den chaotischen ersten zwei Jahren weit mehr Abgänge zu verkraften als Obama, darunter Rechtsberater Bernard Nussbaum, Stabschef Thomas McLarty, Sprecherin Dee Dee Myers, Agrarminister Mike Espy, Finanzminister Lloyd Bentsen und CIA-Chef James Woolsey.

Die Gründe für jeden Einzelfall der Rückzüge unter Obama sind nachvollziehbar. Emanuel hat die Chance, Bürgermeister von Chicago zu werden. Summers würde seine Professur in Harvard verlieren, wenn er nicht zurückgeht. Das Arbeitstempo im Weißen Haus ist mörderisch. Viele halten das physisch nur zwei, drei Jahre durch. Die Berater im Alter über 60 sollten ohnehin nicht die volle Amtszeit bleiben, sondern den jungen Präsidenten vor dem Vorwurf schützen, sein Team sei zu unerfahren. Wenn nun jene gehen, die für die Republikaner rote Tücher sind wie Emanuel und Summers, gewinnt er mehr Manövrierraum.

Aussagekräftiger als die Summe der Abgänge ist, wer an ihre Stelle tritt. Wählt Obama moderate Nachfolger, weil er hofft, dass die Republikaner nach der Wahl kompromissbereiter werden? Oder sucht er sich harte Kämpfer, weil er annimmt, dass die Konservativen unter dem Einfluss der „Tea Party“ alles ablehnen, was er vorschlägt?

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