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Obama

© dpa

Berlin-Besuch: Ich bin ein Obama

Barack Obama will nach Berlin - und natürlich wird ihm hier Begeisterung entgegenschlagen. Dabei geht es dem Demokraten nur am Rande um Deutschland - vielmehr hat er die Stimmen der amerikanischen Wähler im Blick.

Berlin wird seinem Charme erliegen. Warum auch nicht. Barack Obama bezaubert die Menschen, wo immer er hinkommt. Die Welt sehnt sich fast noch mehr als die USA nach einer Wende, schließlich ist auch die Enttäuschung über George W. Bush erdumspannend.

Bei aller Begeisterung über die positive Ausstrahlung dieses jugendlichen „schwarzen Kennedy“ darf man sich über die wahren Motive seiner Europatour nicht täuschen. Gewiss zielt er auch auf die Herzen der Berliner, jedenfalls ein bisschen. Gewiss werden ihm die Redenschreiber eine unvergessliche Zeile für den Auftritt am Brandenburger Tor aufschreiben (der freilich wegen Sicherheitsbedenken noch in einen geschlossenen Raum verlegt werden könnte). Das große Vorbild ist John F. Kennedy: „Ich bin ein Berliner.“ Obama geht es vor allem um die Stimmen der amerikanischen Wähler. Die möchte er beeindrucken mit Bildern von seinem selbstverständlichen Umgang mit Europas Führern und von jubelnden Menschen am Straßenrand. Daheim schlagen ihm noch Zweifel entgegen: Ist er erfahren genug, ist er nur ein Schönredner oder hat er Substanz?

Die Zusage, Amerikas Image in der Welt aufzupolieren und die Beziehungen zu den wichtigsten Partnern zu reparieren, ist zwar ein wichtiger Pfeiler in Obamas Wahlprogramm. Aber bisher hat er dafür herzlich wenig getan. Um ausländische Korrespondenten in den USA, die doch seine wichtigsten Mediatoren sein könnten, bemüht er sich kaum. Seine Kampagne und seine Berater sind weniger zugänglich als die Umgebung des Republikaners John McCain. Selbst die als arrogant und abgeschottet verschriene Hillary Clinton hat ausländischen Medien Interviews gegeben – Obama noch nicht.

Die Bilder vom lächelnden Rockstar, der auf die Menschen zugeht, ist nur die eine Seite. Obama ist zugleich ein knallhart kalkulierender Politiker. Die „Chicago Sun-Times“, sein Heimatblatt, karikiert die Spekulationen um einen Auftritt in Berlin im Stile Kennedys oder Reagans. Die Hauptbotschaft laute: „Ich bin ein Obama!“

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

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