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Meinung: Berlin-Brandenburg: Selten davon reden, nie dran denken?

Berlin-Brandenburg zum zweiten? Es gibt leichtere Themen.

Berlin-Brandenburg zum zweiten? Es gibt leichtere Themen. Denn die Probleme der Vereinigung der beiden Länder stellen sich grundsätzlich nicht anders dar als beim Scheitern des Vorhabens vor fünf Jahren. Alles spricht für ein gemeinsames Bundesland - vor allem die Chance, sich damit, dank größerer Einwohnerzahl, einen besseren Platz im föderalistischen Konkurrenzkampf zu sichern. Alle sind auch dafür, die Regierungen, die Politiker, die Wirtschaft, kurz: die Eliten. Nur ob die Bürger zustimmen werden, bleibt eine offene Frage und, wie man seit der Abstimmung 1996 weiß, ein Abgrund, der das Unternehmen verschlingen kann.

Der neue Anlauf, den CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky mit seinem SPD-Kollegen Klaus Wowereit ins Auge gefasst hat, um dem Unternehmen wieder Schwung zu geben, begibt sich also auf heikles Terrain. Dass sich die Umfrage-Daten verbessert haben, ändert daran wenig.

Aber vielleicht die Politik? Die Einladung von Landowsky und Wowereit, im ersten Vierteljahr über den Weg zur Vereinigung zu sprechen, richtet sich an alle Fraktionsvorsitzenden in Berlin und Brandenburg. Indem sie die PDS mit einbezogen, überschritten sie bisher tabuisierte parteipolitische Grenzen. Andererseits hat Lothar Bisky in der vergangenen Woche in Aussicht gestellt, an einer solchen Besprechung teilzunehmen. Dass er die Zusage sogleich mit der Erklärung abgewertet hat, das heiße nicht, dass er für die Fusion sei, nimmt der Äußerung nichts von ihrer Bedeutung: einem ersten Schritt, der von der Gegnerschaft gegen das gemeinsame Bundesland abrückt.

Natürlich ist nicht zu übersehen, dass Bisky nicht nur Brandenburg im Sinn, sondern auch noch eine parteipolitische Karte im Ärmel hat. Für die PDS ist die Teilnahme an der Runde auch so etwas wie das Eintrittsbillett zur politischen Akzeptanz - und auf solche demokratische Seriositäts-Beweise ist die PDS im Moment überall scharf. Landowsky und Wowereit, andererseits, geben mit der Einladung an Bisky eine Distanz zur PDS auf, für die es gute Gründe gibt. Überdies wissen sie nicht, ob Bisky wirklich mit ins Boot steigt. Sie setzen darauf, dass das Projekt Berlin-Brandenburg dann, wenn sie ihm mit ihrer Initiative neuen Schub gegeben haben, eine Dynamik entwickelt, die der PDS nicht mehr erlaubt, auszusteigen.

Doch der Zweck des gemeinsamen Bundeslandes rechtfertigt hier einmal die Mittel. Denn Berlin-Brandenburg ist nicht nur nötig - es ist auch eine Illusion, sich einzureden, die Option für die Vereinigung halte ewig. Zwar ist es richtig, dass die Integration der Region voranschreitet, auch ohne Fusion. Aber da wächst nur zusammen, was durch die Notwendigkeit der Zusammenarbeit dazu veranlasst wird - Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Investitionen, nicht die Administration, nicht die Strukturen, schon gar nicht die Mentalitäten. Und je weiter die Zeit seit der Wende, der Stunde Null für die neuen Länder, fortschreitet, desto stärker festigen sich die Verwaltungen, die Gewohnheiten, die Haltungen in den beiden Länder. In Wahrheit arbeitet also die Zeit gegen Berlin-Brandenburg. Wenn Politik und Gesellschaft den Wettlauf mit der Tendenz zur Zementierung der Eigenstaatlichkeit beider Länder nicht bald aufnehmen, schwinden die Chancen für eine Vereinigung.

Daran gemessen sind die vergangenen fünf Jahre verlorene Jahre gewesen. Zwar hat man auf allerlei Ebenen weitergearbeitet, aber aus der seinerzeitig beschworenen Entschlossenheit, an dem Projekt trotz seines Scheiterns festzuhalten, ist so gut wie nichts geworden. Es ist still geworden um den Gedanken der Vereinigung, der doch für die Politik in Berlin und Brandenburg ein Vorhaben ersten Ranges ist. Man kann beim besten Willen nicht unterstellen, er sei nach der Devise behandelt worden: nicht davon reden, immer daran denken. Daran gedacht worden ist nämlich auch nicht, und wenn mit der Beklemmung von gebrannten Kindern.

Jedenfalls ist das Vorhaben nicht das politische Thema der öffentlichen Debatte geblieben, dass es sein müsste, wenn es je ans Ziel kommen soll. Auch deshalb ist es an der Zeit, einen neuen Anlauf zu machen. Aber er darf sich nicht in der Debatte über einen günstigen Termin für eine neue Abstimmung erschöpfen. Natürlich muss man Daten ins Auge fassen - 2005 oder 2006 für die Volksabstimmung, 2009 für die Fusion wären realistisch. Aber sie müssen verbunden sein - wie das auch Klaus Landowsky vorhat - mit einem präzisen Szenario für den Weg dahin.

Man darf sich auch nicht noch einmal auf die Wirkung einer Kampagne verlassen. Der Weg zur Abstimmung muss mit praktischen Schritten gepflastert sei, die die Vereinigung im Kleinen und Konkreten schon vorwegnehmen. Nur so wird man die nach wie vor vorhandenen Vorbehalte gegen die Vereinigung so weit zurückdrängen können, dass sie das Unternehmen nicht noch einmal zu Fall bringen können.

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