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Berlin-Brandenburg: Wilde Ehe

Von Gerd Nowakowski

Es gibt ein Leben auch ohne Fusion. Schritt für Schritt kommen sich Berlin und Brandenburg näher – und fast keiner merkt es. Trotz zeitweiliger Eiszeit und ruppiger Worten auf beiden Seiten: auf dem gemeinsamen Weg durch die bürokratischen Mühen der Ebenen sind die Länder weit voran gekommen. Bis 2010 soll es nun auch ein Zentralabitur geben. Gemeinsame Rahmenpläne gibt es schon, ein zentrales Institut für Schulqualität und gemeinsame Lehrerfortbildung ebenfalls. Man habe inzwischen weit mehr Verwaltungen und Institutionen zusammengelegt, als bei der gescheiterten Fusionsabstimmung 1996 vereinbart war, kann Ministerpräsident Matthias Platzeck feststellen. Es gibt gemeinsame Gerichte, eine Rundfunkanstalt und eine zentrale Landesplanung. Das gemeinsame Land ist noch fern, ein bundesweit beispielloses Modell einer länderübergreifenden Verflechtung ist trotzdem entstanden. Die Region hat zudem mit dem Großflughafen Schönefeld ein zentrales Zukunftsprojekt. Das verbindet, jenseits der Eifersüchteleien der beiden Landeschefs.

Um eine Herzensangelegenheit geht es deswegen längst nicht mehr; beide Seiten wissen, dass sie nicht getrennt marschieren können. Sie bleiben Konkurrenten bei konkreten Firmenansiedlungen, aber von der gemeinsamen Vermarktung der Region haben beide etwas. Auch Platzeck ist klar, dass es zuerst die Strahlkraft der Hauptstadt Berlin ist, die Unternehmen lockt. Für die gemeinsame wirtschaftliche Prosperität wird es irgendwann belanglos sein, ob Firmen im gemeinsamen Verflechtungsraum um Berlin oder direkt in der Stadt ihren Platz finden. Angesichts der abnehmenden Bevölkerung an Brandenburgs Rändern wissen beide Partner, dass die Region nur mit Berlin zukunftsfähig ist. Deswegen kann Wowereit gelassen bleiben. Über einen neuen Fusionsanlauf mal eine Weile nicht zu sprechen, wie es Platzeck empfiehlt, ist nicht so falsch. Rings um Hauptstadt fühlen sich die Menschen schon jetzt in einem gemeinsamen Land. Dort entsteht die Zukunft, und neue Mehrheiten auch.

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