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Die Filmstudios in Babelsberg. Wie in einer Inszenierung müssen sich auch Bürger und Politiker in Berlin und Brandenburg vorkommen. Ein Happy End ist derzeit nicht in Sicht.

© dpa

Berlin und Brandenburg: Von Eiertanz, Enge und Ego

Thorsten Metzner sieht keine Fusion von Berlin mit Brandenburg in Sicht. In seinem Kommentar erklärt er, warum Berlin und Brandenburg wieder auseinanderdriften

Verdächtig ruhig war es ja schon länger. Nun liefern sich Berlin und Brandenburg mal wieder einen handfesten Krach: Mit Recht läuft Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) Sturm, weil Brandenburg ohne Not neue Mauern aufbaut, indem es Richterposten allein für Brandenburger reserviert und Berliner von vornherein ausschließt. Ganz so, als habe man nicht die Obergerichte fusioniert und jüngst noch das Richterrecht angepasst.

Für den Kurs von Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) mag es Spargründe geben. Er mutet aber antiquiert an in einem Moment, da Brandenburg gerade das Image einer „kleinen DDR“ abschütteln will und doch Gefahr läuft, allzu sehr im provinziellen Saft zu schmoren. Nur ein Betriebsunfall in den berlin-brandenburgischen Beziehungen? Schön wär’s.

Einfache Schuldzuweisungen, an die eine oder andere Seite, greifen zu kurz. Es fällt auf, dass sich auch Berlin seit geraumer Zeit kaum einen Deut um den Nachbarn schert. Beide Seiten verfolgen nur noch die eigenen Interessen: Da soll das Gefängnis „Heidering“ – koste es, was es wolle – in den märkischen Sand gebaut werden, während Brandenburgs Knäste halb leer stehen. Da schreiben Abiturienten in Kreuzberg und der Prignitz zwar das gleiche Zentralabitur. Aber die märkischen Gymnasiasten haben neuerdings vorher weniger Unterricht, eine Einigung mit Berlin über gleiche Bedingungen scheiterte ... und so weiter und so fort.

Dieses Auseinanderdriften ist umso bemerkenswerter, als sich mit der Abgeordnetenhauswahl 2011 eine fast zweijährige Phase dem Ende nähert, von der man sich einen Durchbruch für das schwierige Verhältnis beider Länder erhoffen konnte: Mit Klaus Wowereit und Matthias Platzeck stellen die Sozialdemokraten nicht nur beide Regierungschefs, seit Ende 2009 regieren auf beiden Seiten der Glienicker Brücke rot-rote Koalitionen.

Die Linken, an deren Widerstand bei der Volksabstimmung im Mai 1996 noch das gemeinsame Land scheiterte, sitzen im Boot. Der Effekt? Zwei Jahre rot-rote Hauptstadtregion haben die Kooperation weder beflügelt noch neue Perspektiven für eine Fusion eröffnet. Die Gründe? Brandenburg, gelähmt und wegen der Stasi-Debatte mit sich selbst beschäftigt, fiel aus. Andererseits wächst angesichts der wirtschaftlichen Dynamik im Land, in dem der „Speckgürtel“ als Motor wirkt, Selbstbewusstsein eigener Stärke – in Abgrenzung zu Berlin. Und die politischen Klassen beider Länder, auch innerhalb der Parteien, sind immer noch traditionell auf sich fixiert. Selbst Platzeck und Wowereit pflegen ein freundliches Nicht-Verhältnis.

Kein Wunder, dass die Märker, die Theodor Fontane schon als „tüchtige, aber eingeengte Leute“ beschrieb, wie eh und je gegen ein gemeinsames Land sind. Sage aber niemand, dass die Berliner, denen der Dichter der Mark wiederum bereits als „Grundzug“ einen „krassen Egoismus“ attestierte, ewig glühende Befürworter bleiben müssen. Eine Fusion von Berlin und Brandenburg ist ferner denn je.

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