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Meinung: Berliner Gemischtwaren Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Manchmal lohnt sich das Warten. Vor einem Jahr hätte das Land Berlin für seine Wohnungsbaugesellschaft GSW nur 215 Millionen Euro bekommen.

Manchmal lohnt sich das Warten. Vor einem Jahr hätte das Land Berlin für seine Wohnungsbaugesellschaft GSW nur 215 Millionen Euro bekommen. Der Verkauf wurde gestoppt, das Bieterverfahren neu angeschoben. Mit Erfolg: Jetzt fließen 406 Millionen Euro in die Landeskasse.

Nach dem Verkauf der Gehag wird nun das zweite staatliche Wohnungsunternehmen privatisiert. Das bringt nicht nur Geld. Es gleicht auch den kommunalen Wohnungsbestand den Verhältnissen in anderen deutschen Großstädten an. Berlin wird sicher eine typische Mieterstadt bleiben, so wie Hamburg oder Frankfurt am Main, aber eine staatliche Wohnungsbewirtschaftung in großem Maßstab ist überflüssig geworden. Es gibt keine Wohnungsnot. Die öffentlichen Bestände nach dem GSWVerkauf reichen aus, um auch die sozial Schwachen zu versorgen. Und die Mieter bleiben durch Gesetze und Verträge geschützt, auch wenn ihre Wohnungen kein öffentliches Gut mehr sind.

Sechs Wohnungsbaugesellschaften bleiben in Landeseigentum. Aber sie werden auch in Zukunft einzelne Wohnungen oder kleinere Teilbestände an Mieter und Privatinvestoren abgeben. Die Unternehmen brauchen das Geld dringend, denn ihre Kapitaldecke ist dünn, die Schulden sind hoch und die Marktlage ist nicht rosig. Ein Generalproblem, das auch für die übrige Berliner Staatswirtschaft gilt. Der Gemischtwarenladen „Landesunternehmen Berlin“ hält Porzellan, Milch und Eier, Messen und Märkte im Angebot. Bis vor kurzem auch Hausratsversicherungen. Das bringt alles kein Geld, sondern belastet den Landeshaushalt in unverträglichem Maße.

Es läge also nahe, weiter zu privatisieren, aber das kann die Politik allein nicht entscheiden. Denn zu jedem erfolgreichen Handel gehören zwei: Der Verkäufer und der Käufer. Leider erweist sich so manches Landesunternehmen als schwer oder gar nicht verkäuflich. In diesem Fall muss der Senat erst einmal selbst sanieren, seine Unternehmen besser kontrollieren und in Abständen prüfen, ob man sich von dem einen oder anderen lieb gewordenen Stück nicht doch trennen kann. Vielleicht mischt sich 2005 ja das Bundesverfassungsgericht in die Berliner Privatisierungspolitik ein. Wer Sanierungshilfen vom Bund einklagt, muss sich erst einmal anstrengen, den Schuldenberg aus eigener Kraft abzubauen. Zum Beispiel durch dem Verkauf von Landesvermögen.

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