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Meinung: Berliner Koalition: Gruppenbild sucht Dame

Berlin steckt in dramatischer Finanznot, und die Sanierungsgenies wachsen nicht auf den Bäumen. Wenige Tage vor der Senatswahl ist der Regierende Bürgermeister immer noch um die Besetzung des Finanzressorts verlegen.

Berlin steckt in dramatischer Finanznot, und die Sanierungsgenies wachsen nicht auf den Bäumen. Wenige Tage vor der Senatswahl ist der Regierende Bürgermeister immer noch um die Besetzung des Finanzressorts verlegen. Der Mann muss Nerven haben, denn seit Dezember weiß er, dass die tüchtige Finanzsenatorin Christiane Krajewski nicht mehr zur Verfügung steht. In welch dramatischer Not muss Klaus Wowereit sein, dass er am Ende die gewesene Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing gefragt hat. Sie galt doch bisher als indiskutabel. Nicht, weil sie in ihren Amtsjahren 1996 bis 1999 erfolglos gewesen wäre. Sie war sogar sehr erfolgreich mit ihrem harten Spar- und Privatisierungskurs. Aber dass ihr die SPD bei der letzten Senatsbildung der Großen Koalition den Stuhl vor die Tür gesetzt hat, kam einem Zerwürfnis gleich.

Zum Thema Online Spezial: Rot-Rot in Berlin Umfrage: Flierl als Senator - Ist er der Aufgabe gewachsen? Ob Frau Fugmann-Heesing noch einmal bereit ist, die wichtigste und härteste Aufgabe im Senat zu übernehmen, stand gestern in den Sternen. Das hat für eine so kühl denkende Politikerin vermutlich weniger mit alten Wunden als mit dem rot-roten Finanzkurs zu tun. Die Neuverschuldung 2002 ist mit knapp 3,2 Milliarden Euro gefährlich hoch, und man wird den Koalitionsvertrag nicht mehr aufdröseln können. Frau Fugmann-Heesing als Notnagel nach Absagen? Sehr spät sandte ihr Wowereit seinen Lockruf. Das verwundert, weil er einst große Stücke auf sie hielt und sie als Finanzpolitiker im Abgeordnetenhaus vehement unterstützte, während die meisten in Partei und Fraktion ihrem eisernen Willen nur sehr widerwillig folgten. Nach der SPD-Wahlniederlage 1999 war Frau Fugmann-Heesing das Opfer; das Finanzressort ging an die CDU, die heilfroh war, die eiserne Spar- und Modernisierungslady los zu sein.

Der wunde Punkt ist, dass einigen in der SPD das Gewissen schlagen muss. Sie haben damals das beste Pferd im Stall auf die Schlachtbank geführt - vorne weg nicht Wowereit, sondern Parteichef Peter Strieder und Fraktionschef Klaus Böger, der in den Senat strebte. Auf beide ist Wowereit aber angewiesen. So falsch die Weichenstellung war, so schwer lässt sie sich also korrigieren. Das hat mit den psychologischen Hürden zu tun. Ein schlechtes Gewissen und die Aussicht auf neue Kämpfe um den Sanierungskurs sind keine gute Vertrauensgrundlage für einen Neuanfang. Kein Zweifel, dass Frau Fugmann-Heesing mehr bewegen könnte als alle anderen - aber eben nur, wenn man sie lässt. Als Regierender Bürgermeister hat Wowereit selbst Frau Krajewski allein gelassen. Guter Rat ist teuer.

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