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Meinung: Berliner Roulette

Der Senat behält die Bankgesellschaft – und träumt von besseren Angeboten

Retten wir so Berlin? Eineinhalb Jahre ist verhandelt worden, nun wird die schwer angeschlagene Bankgesellschaft doch nicht privatisiert, sondern soll unter der Regie des Landes Berlin saniert werden. Nun soll die öffentliche Hand doch der bessere Unternehmer sein? Schließlich hat die Politik schon nachdrücklich bewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, einen solchen Konzern zu steuern – die riskanten Fondsgeschäfte wurden unter den Augen zahlreicher Senatsmitglieder in den Aufsichtsräten gemacht.

Das Angebot von zehn Millionen Euro war dem Senat zu wenig – aber es gab nur einen Bieter. Kein anderes Unternehmen war bereit, sich zu engagieren. Das zeigt, wie wenig attraktiv der Konzern auf dem Markt ist, wie hoch die Risiken eingeschätzt werden. Finanzsenator Thilo Sarrazin betont, das an der Privatisierung weiter festgehalten wird. Aufgeschoben, nicht aufgehoben? Nein, alles spricht dafür, dass gestern ein zentrales Projekt des Senats gescheitert ist – denn keiner glaubt, dass bessere Angebote kommen werden. Schließlich ist das gesamte Bankgewerbe in der Krise.

Angeknackst ist die Glaubwürdigkeit des Senats. Bei der Haushaltskonsolidierung ist er bereit, neue Wege zu wagen – gegen die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Doch bei der Bankgesellschaft zeigen sich die Widerstände, einen klaren Schnitt zu machen und sich vom alten Modell Berlin zu verabschieden, das für die katastrophale Finanzlage der Stadt verantwortlich ist. Für bedingungsloses Verkaufen war selbst Finanzsenator Thilo Sarrazin nicht: Auch er forderte, dass ein Käufer einen wesentlichen Teil der Milliarden-Risiken übernimmt, für die bisher allein das Land Berlin aufkommen muss. Das sind starke Argumente. Aber hat der Senat eine andere Wahl, als zu verkaufen? Nichts spricht für die Hoffnung, der Konzern mache in ein paar Jahren wieder Gewinn.

Wie ernst es der Senat meint mit dem Verkauf von landeseigenen Unternehmen, ist die Frage. Denn die Bankgesellschaft ist nur eine weitere nicht gelungene Privatisierung. Der SPD-PDS-Senat schreckte davor zurück, die Wohnungsbaugesellschaft GSW mit 70 000 Wohnungen an einen Bewerber zu verkaufen – mit Rücksicht auf die sozialdemokratische Basis, die den Preis skandalös niedrig fand. Auch bei der Flughafen-Holding sieht es so aus, als ob Berlin und Brandenburg den geplanten Großflughafen in Eigenregie bauen muss, weil man sich nicht mit den Investoren einig wird. Selbst das vergleichsweise einfache Projekt einer Privatisierung der Hafengesellschaft ist gescheitert.

Die gestrige Entscheidung des Senats hat Folgen: Verunsicherung und Unruhe in der Bankgesellschaft werden andauern. Ohne frisches Kapital und starke Partner ist der Konzern für einen Neuanfang schlecht gerüstet und wenig überlebensfähig. Jeder weiß, dass bei der Bank harte Schnitte und ein weiterer Arbeitsplatzabbau anstehen, damit am Ende eine deutlich geschrumpfte – aber profitable – Regionalbank steht. Diese Aufgabe zu stemmen, ist dem Land nicht zuzutrauen. Mit der gestrigen Absage könnte deshalb eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt werden. Und was passiert dann: Will das Land in einigen Jahren erneut Milliarden in die Bank pumpen, um sie zu retten?

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