zum Hauptinhalt
Der Berliner SPD-Landeschef Jan Stöß wildert in den Gefilden seines Parteifreundes Michael Müller.

© dpa

Berliner SPD: Machtvoll in die Mitte

Mit seinen Plänen für das historische Zentrum wagt Berlins SPD-Chef Jan Stöß eine Kraftprobe mit Bausenator Michael Müller - erneut.

Da traut sich einer was. Der Chef der Berliner SPD, Jan Stöß, geht in die Offensive mit einem Thema, das schon lange schwelt: Wie können wir das verlorene historische Zentrum Berlins zurückgewinnen? Dabei beweist der Mann, der sich erst vor wenigen Monaten aus dem linken Lager der Hauptstadt-SPD an dessen Parteispitze putschte, politisches Fingerspitzengefühl und empfiehlt sich für Höheres – obwohl Stöß, wieder einmal, seinen Vorgänger im Parteiamt brüskiert.

Denn erneut wildert der Parteichef im Revier seines Vorgängers, des heutigen Bausenators Michael Müller. Die ersten Kraftproben gingen zugunsten von Stöß aus – in der Kampfabstimmung um die Parteispitze. Und auch Stöß’ Einsatz für die Bewerbung der alternativen Kreuzberger Club- und Restaurant-Unternehmer vom „Kater Holzig“ um ein Grundstück aus dem Landesvermögen am Spreeufer belegte dessen Durchsetzungskraft.

Auch dieses Mal hat Stöß gute Chancen, sich mit seinen Vorschlägen zur Rückgewinnung des historischen Zentrums durchzusetzen. Die Brache zwischen Fernsehturm und geplantem Schlossneubau ist aus der Zeit gefallen: Sie ist nicht mehr die symbolisch aufgeladene städtebauliche Achse der erloschenen „Hauptstadt der DDR“ – und noch nicht Teil des neuen Berlins. Das Kampftrinken von Jugendgruppen fand am Rande des Rathausforums statt, und hier lag auch der Tatort der für Jonny K. tödlich endenden Prügelorgie – und nicht am Alexanderplatz, wie es hieß.

Wo die Stadt von den Menschen verlassen ist, da sinkt die Schwelle zur Gewalt und wächst die (kulturelle) Wüste. Der frühere Senatsbaudirektor Hans Stimmann hatte das erkannt und die Wiederherstellung von Straßen und Plätzen auf der Blaupause der historischen Stadt gefordert. Seine Nachfolgerin Regula Lüscher, die sich mit ihrem Baukollegium durchaus verdient macht im Kampf um qualitätsvolle Architektur in der Stadt, griff dieses Thema nicht auf. Ein Fehler, wie sich nun zeigen wird.

Denn wer die Gestaltung Berlins verantwortet, darf keinen Bogen um die ganz großen Themen machen – er wird sonst angreifbar. Schon in der Debatte um den Alexanderplatz reagierte Lüscher nur noch, statt das Thema frühzeitig zu erkennen und Akzente zu setzen. Stöß zeigt, wie es geht: Eine Internationale Bauausstellung (IBA) im historischen Zentrum – die internationale Architektenschaft wird sich darum reißen, an diesem Ort ihre Fußspuren zu hinterlassen.

Ohne Risiken ist Stöß’ Vorstoß aber nicht. Die Planung einer IBA für eine Bebauung der Radialen und der Lücken in der Stadt, wie sie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ersonnen hat, ist in vollem Gange und Teil des Stadtentwicklungsplans Wohnen. Hier müsste nachjustiert werden.

Und wie werden sich die Mitglieder der SPD-Fraktion zu Stöß’ Vorstoß stellen? Vabanque spielt der Landesvorsitzende freilich nicht: Fraktionschef Raed Saleh steht hinter ihm, und bei der CDU steht das Thema schon seit langem auf der Agenda.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false