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Jüdische Beschneidungszeremonie.

© epd

Beschneidungs-Verbot: Einfach ab

Nach dem Kölner Urteil müssen auch solche Fälle neu bewertet werden, in denen eine Beschneidung bei einem Kind aus medizinischen Gründen durchgeführt wird. Denn auch dabei wird das Kind nicht gefragt.

Die religiöse Beschneidung von Jungen ist strafbar, sagt das Kölner Landgericht. In der Diskussion ist von Gewalt gegen Kinder die Rede. Das Urteil gibt Anlass, auch über die – angeblich – medizinisch indizierte Beschneidung nachzudenken. Jährlich sind hier hunderttausende Kinder betroffen. Es kann sich so ereignen:

Der Junge war sieben. Der Arzt sagte, er habe eine Verengung. Man müsse operieren, könne aber auch noch ein paar Jahre warten. Beschwerden hatte das Kind keine. Der Arzt sagte, man könne sich gerne noch die Meinung eines anderen Arztes einholen. Er sagte auch, in seine Praxis kämen immer mehr Männer in gestandenem Alter, um sich beschneiden zu lassen. Mehr sagte er nicht. Die Eltern müssten nun entscheiden.

Die Eltern hinterließ das ratlos. Was sollten sie tun? Warten? Und irgendwann doch die OP? Hoffen, dass es so gutgeht? Freunde sagten: Der Arzt ist ein Schnibbler. Wir kennen einen anderen. Sie berichteten von Behandlungserfolgen mit vielen Sitzungen und viel Salbe. Es werde zu schnell operiert. Die Eltern kamen ins Grübeln, je mehr sie sich informierten. Bald drängte sich der Eindruck auf, nicht nur aus dem Abschneiden der Vorhaut würde eine Glaubensfrage gemacht. Sondern zuweilen auch aus deren Erhalt.

Die Indikation trat so bei der Abwägung langsam in den Hintergrund. Allein wäre der Junge nicht, es gibt noch ein paar Milliarden Männer. Die hygienischen Gründe überzeugen, nicht überall auf dem Globus gibt es täglich fließend Wasser. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Zirkumzision ausdrücklich empfohlen. Wer weiß, vielleicht schlummert in vieltausendjährigen Religionen ein Schatz medizinischer Weisheit. Eine Umfrage in der Damenwelt ergab eine leichte Präferenz. Manche Betroffene schwören drauf, traurig macht es jedenfalls keinen. Besonders hübsch sind Vorhäute nicht. Schließlich, es wird Sommer. Man hätte das Thema gern erledigt. Also ab, Tränen, Trost und Heilung.

Nach dem Kölner Urteil müssten auch solche Fälle neu bewertet werden. Vielleicht hat es der Arzt an der gebotenen Sorgfalt missen lassen, auf jeden Fall war er ein Werkzeug der Eltern. Nimmt man es ernst mit dem starken Recht des Kindes auf seine Unversehrtheit, dann hätten die Eltern warten können. So, wie jetzt Muslime und Juden warten sollen, bis sich ihr Kind selbst für die Beschneidung entscheidet. Aber sie waren leichtfertig und bequem. Sie haben den Verlust der Vorhaut nicht so hoch angesetzt, wie es die Justiz jetzt tut. Sie haben gehandelt aus Gründen, die nicht besser sind als die der Religiösen, Indikation hin oder her. Sie haben ihr Kind nicht respektiert.

Sollte das strafbar sein, Name und Anschrift von Arzt und Eltern werden den Behörden auf Anfrage mitgeteilt. Wir sind schließlich rechtstreue Deutsche und lieben unsere Söhne.

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