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Soll mehr mitreden können.

© dpa

Bildungspolitik: Zum Aufblähen geeignet

Die schwarz-rote Koalition will mal wieder das Grundgesetz ändern, um dem Bund mehr Möglichkeiten in der Hochschulpolitik zu geben. Das ist ein Fehler.

Eine Verfassung ist dafür da, klare Verhältnisse zu schaffen. Denn davon lebt die Demokratie in einem Bundesstaat: dass die Bürger wissen, welche Ebene wofür zuständig ist. Dass sie in der Lage sind, die Verantwortung eindeutig zuzuordnen. Dass sie bei den Richtigen anklopfen, wenn sie glauben, dass etwas falsch läuft. Das Grundgesetz ist keine solche Verfassung mehr. Und bei jeder Änderung, siehe zuletzt die Schuldenbremse, wird die Unklarheit vergrößert. Nun soll das Grundgesetz schon wieder geändert werden, um eine Änderung von 2006 rückgängig zu machen: Der Bund soll in der Hochschulpolitik, die Ländersache ist, mitfuhrwerken dürfen.

Zur Freude der Bürokratien

Das Kooperationsverbot (eine kluge Wortschöpfung derer, denen das Kooperieren von Bund und Ländern das Höchste aller föderalistischen Gefühle ist) soll in der Wissenschafts- und Hochschulpolitik weitgehend gekippt werden. So hat es Bundesbildungsministerin Johanna Wanka angekündigt. Und ein Verbot, ein Hemmnis zu beseitigen – ist das nicht gut? So verkauft man es der Öffentlichkeit, die jedoch meist eines verkennt: Das Kooperieren von Bund und Ländern ist vor allem ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Fachbürokratien. Es ist Beamtenföderalismus. In ungezählten Fachgremien hecken die Vertreter eines Bundesressorts und von 16 Landesministerien aus, was ihnen wichtig ist. Jetzt kommen neue Gremien hinzu. Bald sitzen hier 17 Ministerialbürokraten zusammen und baldowern hochschulpolitische Programme, Zukunftspläne und Sofortmaßnahmen aus, von denen man eines vorher schon weiß: dass sie teuer sind. Denn wenn alle 17 am Tisch am Ende zustimmen müssen, und das wird so sein, dann endet das in der Aufblähung dieser Programme und Maßnahmen.

Langfristig und dauerhaft

Nun können punktuelle, zeitlich begrenzte Bundesprogramme durchaus vernünftig sein, will man ein vorübergehendes Problem lösen, das die Landesetats überfordern würde. Dann springt der Bund sozusagen ein. Mit der Verfassungsänderung wäre aber eine langfristige und dauerhafte Förderpolitik des Bundes möglich. Die Hochschulpolitik würde damit immer mehr von Berlin aus gestaltet. Das ist im Grundgesetz so nicht vorgesehen. Die unbegrenzte Finanzierung von Landesaufgaben widerspricht auch deshalb der Verfassung, weil in ihr festgelegt ist, dass Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft voneinander unabhängig sind. Wenn nun aber der Bund bestimmt, wie die Mittel aus seinem Etat in der Hochschulpolitik zu verwenden sind (und das wird er natürlich tun), dann sind die Landesetats somit festgelegt.

Das Geld soll den Aufgaben folgen

Nach der Verfassung soll das Geld den Aufgaben folgen – mit der neuen Grundgesetzänderung tritt das Gegenteil ein. Weil beim Bund viel Geld vorhanden ist, lässt er sich eng in die Aufgabe einbinden. Gerade die Dauerhaftigkeit wäre aber die Begründung dafür, nicht den Einfluss des Bundes in der Sache zu stärken, sondern die Finanzverteilung zugunsten der Länder. Denn die Ansicht (ob nun richtig oder falsch), dass der Hochschulsektor mehr Geld braucht, läuft ja auf das Eingeständnis der Unterfinanzierung hinaus. Die heilt man aber nicht durch mehr Beamtenkooperation, sondern durch mehr Geld in den Länderetats. Was auch die weitaus einfachere Lösung wäre. Und nicht alles, was bildungspolitisch vielleicht erwünscht ist, muss verfassungspolitisch auch richtig sein.

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