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Bilkay Öney: "Migration ist ein Teil von mir"

Sie wird sich umgewöhnen müssen. Der SPD-Ortsverband Bellevue, dem Bilkay Öney noch angehört, hat so gar nichts Schwäbisches an sich.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Seit 2009, als die ehemalige TV-Journalistin von den Berliner Grünen zur SPD wechselte, beackerte sie das politische Terrain zwischen Reichstagsgebäude und Moabit. Eigentlich sollte Öney bei der Abgeordnetenhauswahl am 18. September als sozialdemokratische Spitzenkandidatin im Bezirk Mitte antreten. Stattdessen geht sie nach Stuttgart, um am 12. Mai neue Landesministerin für Integration in einer grün-roten Koalition zu werden.

Die Genossen in Berlin sind überrascht. Als Innen- und Rechtspolitikerin erfüllte die fleißige und zuverlässige Abgeordnete zwar die Erwartungen. Aber als ministrabel wurde sie, jedenfalls in Berlin, bisher nicht eingestuft. Angeblich wurde Öney vom baden-württembergischen SPD-Landeschef Nils Schmid, der mit einer Türkin verheiratet ist, persönlich auserkoren.

Die künftige Ministerin wurde 1970 im ost-anatolischen Malatya geboren, zog als Kind mit den Eltern – beide Lehrer – nach Berlin-Spandau. Sie ging aufs Gymnasium und studierte an der Technischen Universität Betriebswirtschaft und Medienberatung. Eine Biographie aus dem Bilderbuch.

„Migration ist ein Teil von mir“, sagte sie, als die türkische Tageszeitung „Hürriyet“ die Berliner SPD-Frau porträtierte. Wenn man als Minderheit aufwachse, „macht das einen politisch“. Zuerst bei den Pfadfindern, dann bei den Berliner Grünen, denen sie 15 Jahre angehörte. Seit 2006 als migrantenpolitische Sprecherin der Abgeordnetenhausfraktion. Bei Facebook posiert Öney, dunkle lange Haare und große Sonnenbrille, vor der goldenen Kuppel einer Moschee. Sie nannte sich selbst mal einen „Rock’n’Roll-Moslem“. Die Thesen des Parteifreunds Thilo Sarrazin hält die Neu-Sozialdemokratin für grundfalsch, aber die Türken sollten gelassener und selbstbewusster damit umgehen. Öney ist, das haben viele Genossen registriert, keine Lobby-Migrantin.

Das Parteibuch tauschte die frühere Moderatorin beim türkischen Sender TRT vor zwei Jahren überraschend aus, weil zuvor die SPD-Abgeordnete Canan Bayram zu den Grünen gewechselt war und Rot-Rot in Berlin die Regierungsmehrheit zu verlieren drohte. Das wollte Öney nicht. Es war eine sehr pragmatische, taktische Entscheidung. Von den Grünen schied sie nicht im innerparteilichen Streit. Grün-Rot in Stuttgart, das könnte passen.

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