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Meinung: Blick auf den fernen Fernen Osten

Von Ashwin Raman Ein begrenzter konventioneller Krieg vielleicht, ein Nuklearkrieg aber ist ausgeschlossen – das ist der Konsens pakistanischer und indischer Verteidigungsexperten. Man braucht kein Experte zu sein, um dieses Fazit zu ziehen.

Von Ashwin Raman

Ein begrenzter konventioneller Krieg vielleicht, ein Nuklearkrieg aber ist ausgeschlossen – das ist der Konsens pakistanischer und indischer Verteidigungsexperten. Man braucht kein Experte zu sein, um dieses Fazit zu ziehen. Umfragen in beiden Ländern bestätigen die These.

Dagegen sind die westlichen Regierungen davon überzeugt, dass es einen Krieg geben wird, und haben angefangen, ihre Bürger aus Indien und Pakistan zu evakuieren. Das ist eine völlig übertriebene Reaktion. Sie halten sogar einen nuklearen Krieg, bei dem 12 Millionen Menschen sterben könnten, nicht für ausgeschlossen. Solche Thesen haben natürlich ihre Wurzeln in westlichen Vorurteilen, dass den Asiaten und Farbigen im Umgang mit nuklearen Waffen nicht zu trauen ist.

Aussagen dieser Art sind in diesen Tagen in britischen und amerikanischen Medien nachzulesen. Zugegeben, die Inder und Pakistaner warten zurzeit sehnsüchtig auf eine Wolke. Allerdings nicht auf eine nukleare, sondern auf eine Regenwolke. Bei der Hitzewelle mit Temperaturen bis zu 50 Grad ist der Monsun eher das Thema, das die Menschen beschäftigt, als der Krieg. Auch aus diesem Grund schließen die Experten eine größere Auseinandersetzung aus. Ein sofortiger Krieg ist nur zu erwarten, wenn die Terroristen die Gunst der Stunde nutzen und einen neuen Anschlag in Kaschmir verüben.

Erstmals ist es in dem 55 Jahre alten Konflikt in der Region legal, diese militanten Gruppen auch Terroristen zu nennen. Präsident Musharaf hat, um an der Macht zu bleiben und gleichzeitig die Amerikaner zufrieden zu stellen, die Terroristen in drei Kategorien aufgeteilt: die Al Qaida und die Taliban, die Jihadis, die den islamischen Fundamentalismus predigen, und die so genannten Freiheitskämpfer, die Kaschmir von den indischen „Tyrannen" befreien wollen.

Endlich haben ihm das Pentagon und Whitehall klargemacht, dass seine Freiheitskämpfer nichts weiter als Terroristen sind, und er diese gefälligst unter Kontrolle bringen solle. Vor allem sollen seine „Freiheitskämpfer" die Grenze zu Indien nicht überqueren. Musharaf, alter Fuchs, der er ist, ist bereit, dies zu tun, meint aber, dazu benötige er mehr Soldaten. Gemeint sind Soldaten, die zurzeit an der Grenze zu Afghanistan eingesetzt sind, um die Al Qaida und Taliban zu bekämpfen. Musharaf gelingt es, die USA unter Druck zu setzen. Donald Rumsfeld selbst ist auf dem Weg nach Islamabad, um dies zu verhindern.

In der Realität hat Musharaf keine Kontrolle über die 3000 Pakistani-Terroristen, die im indischen Kaschmir operieren, oder die 5000 Fundamentalisten im Lande. Viele Angehörige seines eigenen Militär- und Geheimdienstes sind deren Sympathisanten.

Durch ein dubioses Referendum im April ließ sich Musharaf für weitere fünf Jahre zum Präsidenten wählen. Politische Kommentatoren in Pakistan sind der Meinung, dass die Parlamentswahlen im Oktober nur durch Manipulationen zu gewinnen sind.

Für Indien kommen diese scheinbar widrigen Umstände gerade zum richtigen Zeitpunkt. Es hat die internationale Gemeinschaft, wie nie zuvor, auf seiner Seite. Außerdem dienen die Ereignisse in Kaschmir Ministerpräsident Vajpayee und seiner Hinduistischen Bharatiya Janata Partei (BJP) dazu, von der Gewalt gegen die Moslems in dem westlichen Bundesstaat Gujarat abzulenken. Seit März wurden über 2000 Muslime von fanatischen Hindus massakriert. Auslöser war ein Anschlag auf einen Zug mit hinduistischen Pilgern.

Die Gewalt in Gujarat hat die BJP einige Niederlagen in den Regionalwahlen gekostet. Jetzt wird verstärkt versucht, die Muslime in Indien als Kollaborateure Pakistans darzustellen. Und somit verlorene Wählerstimmen wieder zu gewinnen.

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