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Meinung: Bonner Weitblick

START DER SOMMERZEIT

Die Zeit ist eine großartige Einrichtung. Schon deshalb, weil sich durch ihren Ablauf viele Dinge von selbst erledigen. Dieser Vorteil ist zugleich ihr einziger Nachteil, weil sie eben auch über vieles hinweggeht, das wir vielleicht gar nicht erledigt wissen wollen – zum Beispiel uns selbst. Die Zeit ist nun mal die stärkste irdische Macht, und es hat Jahrmillionen einschließlich 1978 Jahre christlicher Rechnung gedauert, bis wir uns hier in Deutschland ihrer bemächtigen konnten. In Bonn wurde damals das „Zeitgesetz“ verabschiedet, das in Deutschland die Sommerzeit einführte. Eine aufklärerische Großtat und ein kühner Vorgriff auf die Strickpulloverjahre – fünf Jahre bevor die Grünen im Parlament erstmals ihre Blumentöpfchen aufstellten. Man wollte Energie sparen, ein im Wortsinn einleuchtendes Argument, von dem die meisten hier zu Lande zumindest in Rudimenten glauben, es gelte noch heute. Dabei hat sich diese Erwartung, wie wir heute wissen, nicht erfüllt. Allerdings ist der Blick in die Vergangenheit, die so genannte historische Auslegung, nur eine Art, nach juristischer Kunst ein Gesetz zu deuten. Wichtiger ist, was wir heute davon wollen – die so genannte teleologische Auslegung. Und darüber ist man sich ausnahmsweise einig: Party, Party, Party, und zwar jeder auf seine Art – im Biergarten, auf dem Balkon, mit den Kindern im Zoo oder mit Oma im Cafe. Sich einander abends eine Stunde länger im Tageslicht betrachten zu dürfen, ist ein zutiefst menschliches Vergnügen, auch wenn es in den freudlosen Endsiebzigern zur Begründung eines legislativen Aktes niemals getaugt hätte. Dumm ist nur eines: Nächte wie die vergangene. Sie sind so kurz. Einen Tod muss man sterben. Und dann doch lieber diesen. neu

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