zum Hauptinhalt
Zischen Rosen und Kitsch: Adolf Hitler.

© dpa

Braune Tasse aus Unna: Auf einen Kaffee mit Hitler

Ein chinesischer Designer hat Tassen im Vintage-Look entworfen, ein Möbelhaus in Unna orderte 5000 Stück. Abgesehen davon, dass Tassen mit Aufdruck eh Geschmackssache sind, entdeckte man jetzt eine besondere Geschmacklosigkeit auf ihr: Zwischen Rosen und Zierschrift verbarg sich eine Briefmarke - mit Hitler-Konterfei.

Bedruckte Tassen sind sicherlich Geschmackssache. Also Tassen, auf denen „Kaffeepott!“ steht oder „Mamas Liebling“. Auch sehr beliebt ist die Tasse fürs Büro, „Bürotasse“ steht dann darauf, wahlweise „Die Tasse ist mir“ oder „Die Tasse bleibt hier!“. Warum man dergleichen in Porzellan brennt und sich dergleichen auch noch auf den Tisch stellt, lässt sich möglicherweise naheliegend erklären: weil man nicht alle Tassen im Schrank hat.

Einem großen Möbelhaus aus Unna ist aber jetzt nicht nach Kalauer zumute. Dessen Einkäufer haben vor geraumer Zeit bei einer Messe in China 5000 Tassen im Vintage-Look bestellt. Vintage-Look, das verleiht der Tasse einen altehrwürdigen, erlesenen Ausdruck, zumindest ist das das Ziel. Die Tasse, die nach Unna kam, zierten eine große Rose, eine Rose ist eine Rose ist eine Rose, und englische Wörter in großer schwarzer Zierschrift, es steht aber nicht „Mom’s Darling“ darauf, auch nicht „Office Cup!!!“. Hinter der Rose ist eine alte Briefmarke zu erkennen, Vintage eben. Sie ist schon sehr alt, war mal 30 Pfennig wert, sie tut sich allerdings sehr schwer mit der Ehrenwürde.

4825 Pötte wurden umgehend vernichtet

Die Briefmarke auf der Tasse ist noch aus dem „Dritten Reich“, sie zeigt ein Hakenkreuz und das Porträt des schrecklichsten Deutschen aller Zeiten, Adolf Hitler. 600 Tassen standen schon in den Verkaufsregalen von vier Filialen, bis die, nun ja, unglückliche Einbrenne entdeckt wurde. 1,99 Euro sollte der Pott kosten, 175 davon wurden bereits verkauft. Das Möbelhaus geht von etwa 80 Käufern aus. Zwei Kunden hatten sich gemeldet und auf das dumme Motiv hingewiesen. Ob die anderen 78 Käufer noch nicht richtig hingeschaut haben bei Kaffee und Kuchen und Schlürfen aus ihrer Vintage-Tasse oder die Tassen gerade wegen des Motivs gekauft haben, entzieht sich meiner Kenntnis.

Den Chefs des Möbelhauses ist die Angelegenheit furchtbar unangenehm und sehr peinlich. So ähnlich peinlich, wie es dem Kaufhaus und Versandhandel Manufactum peinlich ist, dass sein Mitbegründer der Verleger von Akif Pirinccis Gerotze „Deutschland von Sinnen“ ist. Dessen Leser und Anhänger dürften reichlich traurig sein, dass das Möbelhaus aus Unna die noch verbliebenen 4825 Pötte mit ihrem Helden umgehend vernichtet hat und für die Rückgabe der verkauften einen Gutschein von 20 Euro ausgibt. Bleibt noch die Frage, welches Deutschlandbild der chinesische Designer hat und aus welcher Zeit es stammt. Wahrscheinlich das eines großen Scherbenhaufens.

Zur Startseite