zum Hauptinhalt

Meinung: BSE-Krise: Im Dickicht der Agrarlobby

Die Schonfrist ist vorbei. Beim Agrarministerrat der EU in Brüssel hat die Realität die neue grüne Verbraucherschutzministerin Renate Künast eingeholt.

Die Schonfrist ist vorbei. Beim Agrarministerrat der EU in Brüssel hat die Realität die neue grüne Verbraucherschutzministerin Renate Künast eingeholt. Im Kreise ihrer Fachkollegen steht sie mit ihrer Forderung nach einer Agrarwende ziemlich einsam da. Nur der EU-Agrarkommissar, Franz Fischler, steht im Prinzip an ihrer Seite. Und gerade gegen ihn will Künast nun kämpfen - zumindest gegen sein Sieben-Punkte-Programm zur Bewältigung der BSE-Krise.

Tagesspiegel Online Spezial: www.tagesspiegel.de/bse

Vor allem eine Fortsetzung des umstrittenen Massenschlachtprogramms will Renate Künast verhindern. Doch im Agarrat führt ihr französischer Kollege Jean Glavany das große Wort. Und der zeigt bisher keine Neigung das alte Spiel zu durchbrechen, bei dem die EU erst mit hohen Subventionen dafür sorgt, dass zu viel produziert wird, was dann mit neuem Geld aus Brüssel wieder vernichtet werden muss. Er will das Programm auf jeden Fall verlängern.

Dass Künast gegen das Schlachtprogramm ist, gleichzeitig aber eine Obergrenze für die Förderung von Bullen ablehnt, halten ihre europäischen Kollegen für ziemlich inkonsequent. Denn Künast wehrt sich dagegen, dass künftig nur noch für 90 Bullen pro Hof und Jahr Prämien aus Brüssel überwiesen werden. Am Montag hat sie noch einmal bekräftigt, dass dies auf eine "Diskriminierung vor allem ostdeutscher Betriebe" herauslaufe. Allerdings deutete sie zum ersten Mal an, dass dies nicht als Bestandsgarantie missverstanden werden dürfe.

Denn Künast setzt sich für eine Grünlandprämie ein. Hätte sie damit Erfolg, müssten sich auch die ostdeutschen Großzüchter dramatisch umstellen. Denn mit einer Grünlandprämie würde die Bullenhaltung auf der Weide gefördert, nicht mehr die Erzeugung von möglichst viel Fleisch. Allerdings hat die Idee kaum Chancen auf Umsetzung. Die meisten Agrarminister denken gar nicht daran, sich mit ihren Bauern anzulegen. Und dass der Bauernverband Renate Künast bisher lobt, hat durchsichtige Gründe. So lange Künast in Brüssel keine Mehrheiten organisieren kann, kann es sich die deutsche Agrarlobby leisten, sie zu loben und ihren Kollegen dafür zu danken, dass sich (vorerst) nichts ändert. Damit können beide Seiten gut leben. Renate Künast kämpft - auf verlorenem Posten. Und die Bauernlobby kommt ungeschoren davon. Sehr lange wird dieses Spiel nicht funktionieren.

Zur Startseite