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Meinung: BSE: Zurück ins Kerngeschäft

Erinnert sich jemand an die Zeit nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen: Damals galt es als Ausweis des Einknickens der Grünen in den Koalitionsverhandlungen, dass Umweltministerin Bärbel Höhn beim Neuzuschnitt ihres Ressorts statt der Raumplanung "nur" den Verbraucherschutz bekam.Ein kurzsichtiger Befund.

Erinnert sich jemand an die Zeit nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen: Damals galt es als Ausweis des Einknickens der Grünen in den Koalitionsverhandlungen, dass Umweltministerin Bärbel Höhn beim Neuzuschnitt ihres Ressorts statt der Raumplanung "nur" den Verbraucherschutz bekam.

Ein kurzsichtiger Befund. Höhns Parteifreunde in Berlin wären froh, stünde ihnen so ein grünes "Superministerium" mit Zuständigkeit für Umweltschutz, Landwirtschaft und Verbraucher zu Gebote. Welchen politischen Profit könnte die Ökopartei angesichts der europaweiten BSE-Krise in ihrem, unter Ökonomen hieße es: Kerngeschäft einfahren!

Wären die Grünen derart in der Verantwortung für praktische ökologische Politik, müsste ihr Fraktionschef im Bundestag sich nicht dauernd auf der Suche nach neuen Geschäftsideen verlaufen - erst die Grünen als neue Autopartei, nun der Versuch den Liberalen als Nr. eins in der Deregulierung der Arbeitsbeziehungen den Rang abzulaufen. Die neuerdings so geschichtsvergessenen Grünen sollten sich ihrer Ursprünge erinnern. Helmut Schmidt, dessen halsstarrigem Ökonomismus sie ihre Geburt verdanken, war in einem Maß "Genosse der Bosse", wie es Gerhard Schröder nur träumen kann. Dennoch orientierte sich die Wirtschaft, als es die Chance einer bürgerlichen Koalition gab, auf Helmut Kohl und Co. um. Ähnlich wird es dem grünen Möchtegern-Lambsdorff und seinen Freund(inn)en ergehen.

Selbstverständlich brauchen die Grünen ökonomischen Sachverstand. Ihr Konzept zur Steuerreform hat Anerkennung gefunden. Ihre Vorstellungen zur Rentenreform sind weitsichtiger als die der SPD und dennoch sozial ausgewogen - nicht nur zwischen den verschiedenen Generationen.

Aber es nutzt nichts, neues Terrain zu erschließen, wenn das angestammte preisgegeben wird. Es lag nicht am Profil des linken, angeblich allenfalls am Atomausstieg interessierten, ansonsten der Ökologie abholden Umweltministers Trittin, dass die Grünen so blass aussehen. Weite Kreise ihrer herrschenden Schicht von Polit-Profis haben Realpolitisierung mit De-Ökologisierung verwechselt. Das hat sie nicht zu Marktführern in der Gen-Technik-Debatte gemacht. Das lässt sie im Kampf gegen BSE schlechter aussehen als sie könnten - auch hier ist es weniger eine schwächelnde Gesundheitsministerin, die ehrenwerte Gründe hat, den sozialdemokratischen Landwirtschaftsminister nicht frontal herauszufordern.

Ob Tiermehlfütterung sofort verboten wird oder ein paar Tage später - ein Streit um jene symbolischen Barthaare, wie ihn die Ökopartei einst an der herrschenden Umweltpolitik kritisiert hat. Beherzte Krisenintervention ist angesagt. Stimmt. Aber auch langfristige Politik für eine Wende in der Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik. Das Prinzip der Nachhaltigkeit, das die Grünen heute so gern in der Finanzpolitik einfordern, stammt schließlich aus der Ökologie.

Auch da kann die Ökopartei auf Konzepte zurückgreifen; sie sind unter dem Blickwinkel einer Regierungspartei im Bund zu modernisieren - vor allem aber gilt es, sie in den Mittelpunkt ihrer Politik zu stellen.

Thomas Kröter

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