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Schrecken ohne greifbares Ende. Dieses Bild wurde von der syrischen Bürgerplattform Houla Media Center am Ende Mai auf Facebook publiziert. Es zeigt mit weißen Tüchern abgedeckte Leichen. Die Menschen wurden den Angaben zufolge beim Massaker von Houla getötet.

© dpa

Bürgerkrieg: Intervention in Syrien könnte mehr schaden als nützen

Jeden Tag sickern neue Schreckensmeldungen und Horrorbilder aus Syrien. Doch militärisch kann der Westen nichts tun.

Wie kann es sein, dass die Welt zusieht, wenn Kinder, Frauen und Männer im wahrsten Sinne des Wortes abgeschlachtet werden? Ist das noch möglich, nach dem, was in Ruanda und im Kosovo passiert ist? Die Bilder aus dem syrischen Houla von kleinen, in weiße Tücher gehüllten Körpern, deren Gesichter bleich und unendlich wehrlos sind, waren eine stumme Anklage; der Wunsch, endlich etwas gegen dieses Unrecht zu tun, ist bei vielen Menschen groß.

Houla war nicht das einzige Massaker in Syrien, und es ist zu befürchten, dass noch mehr folgen werden. Der Friedensplan von Kofi Annan bleibt, vorsichtig formuliert, bisher ohne Erfolg. Nun hat über ein Jahr nach Ausbruch des Bürgerkriegs die Diskussion über ein militärisches Eingreifen des Westens neu an Fahrt gewonnen. In Frankreich, auch wenn dies dem Wahlkampf mit geschuldet sein dürfte, und in Großbritannien, wo Außenminister Hague „nichts ausschließen“ möchte.

Nichts auszuschließen ist im Fall Syrien sicher richtig. Gegenüber einem Diktator wie Baschar al Assad von vornherein die eigene Drohkulisse zu minimieren, ist nicht erfolgreich, wie sich zeigt. Doch zugleich ist Syrien eben nicht Libyen, auch wenn manch französischer Philosoph dies glauben machen will. Abgesehen davon, dass ein solcher Einsatz derzeit ohne UN-Mandat, weil ohne russische Unterstützung, auskommen müsste, wäre ein mehrmonatiger Flugzeugeinsatz – wie gegen das Gaddafi-Regime – in Syrien nicht möglich. In dem dicht besiedelten Land gibt es keine einheitliche Front, die zu verteidigen wäre, Regime und Aufständische stehen sich zum Teil in einzelnen Stadtbezirken gegenüber.

Der Kampf gegen das syrische Regime in Bildern:

Auch gibt es keine einheitliche Opposition, die der Westen unterstützen könnte. Viele Exil-Syrer, die sich im Ausland anbieten, spielen für die Menschen vor Ort keine Rolle. In Syrien sind es kaum mehr die politischen Aktivisten, sondern Milizen, Deserteure oder infiltrierte Al-Qaida-Kämpfer aus dem Irak, die den bewaffneten Kampf gegen das Regime führen oder für sich instrumentalisiert haben. Gerade Vorschläge, die Opposition (weiter) zu bewaffnen, sind deshalb nicht zu Ende gedacht.

Zudem sollten diejenigen, die eine Intervention fordern, die Frage beschäftigen, die auch viele Syrer umtreibt: Wer kommt nach Assad im Falle eines Regime-Sturzes? Um einen weiteren Zerfall des Landes zu verhindern, müssen alle Parteien, Sunniten wie Schiiten, Opposition, Minderheiten und Anhänger des Regimes eingebunden werden. Würde der Westen dafür die Verantwortung übernehmen? Mit all dem personellen und finanziellen Engagement, das dies erfordern würde?

Es ist schwer erträglich, doch ob eine Militärintervention derzeit wirklich mehr helfen als schaden würde, ist fraglich. Zudem kann auf diplomatischer Ebene noch mehr getan werden: auf Russland einwirken, um eine Lösung wie im Jemen zu erreichen, harte Wirtschaftssanktionen und weitere Isolation des Regimes – und, ja, ein Aufrechterhalten der Drohkulisse.

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