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Peer Steinbrück: Der SPD-Kanzlerkandidat könnte auf Grüne und FDP angewiesen sein, um Regierungschef zu werden.

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Bundestagswahl 2013: Keine Angst vor der Ampelkoalition

Auch wenn es keiner wahrhaben will: Die Chancen für ein Bündnis aus SPD, FDP und Grünen stehen besser denn je. Nur so kann Peer Steinbrück glaubhaft als Kanzlerkandidat auftreten.

Ein jeder fürchtet das A-Wort. Die Grünen seien „nicht die Reha für eine siechende FDP“, sagt Parteichefin Claudia Roth. „Inhaltlich nicht machbar“, verkündet FDP-Chef Philipp Rösler und auch Kanzlerkandidat Peer Steinbrück beteuert: „Das ist nicht meine Planung.“ Die Häufigkeit, mit der versucht wird, ein Bündnis aus SPD, FDP und Grünen nach der Wahl 2013 als Hirngespinst darzustellen, lässt nur einen Schluss zu. Eine Ampelkoalition ist das, was man im Englischen als „Elephant in the room“ bezeichnet, als den Elefanten, der im Zimmer steht. Gemeint ist damit: Eigentlich kann ein so großes Tier in einem Raum nicht übersehen werden, trotzdem tun alle so, als ob es nicht da ist.

2009 gab es schon einmal eine ähnliche Diskussion, die Deutschen waren damals ermattet von der großen Koalition (man mag es kaum glauben). Gesucht wurde nach Regierungsoptionen, die mehr Spannung versprachen. Und so mancher Fan der alten sozialliberalen Helmut-Schmidt-Zeit konnte einem rot-grünen Bündnis, angereichert um etwas Wirtschaftskompetenz und liberale Staatsferne, durchaus etwas abgewinnen.

Zurzeit wird wieder über Ampelkoalitionen debattiert.
Zurzeit wird wieder über Ampelkoalitionen debattiert.

© dapd

Zum Schwur kam es dann bekanntlich nicht, weil überraschend Schwarz-Gelb gewann. Eine Ampel hätte damals auch nicht funktioniert, weil sich die frühere Funktionspartei FDP schon mit dem Regieren an sich unfassbar schwer tat. Doch sage keiner, die Liberalen seien nicht lernfähig. Ob Daniel Bahr oder Dirk Niebel – trotz aller Stilkritik sitzen die FDP-Minister erstaunlich fest im Sattel. Die FDP hat das Regierungshandwerk neu gelernt, um den Preis, dass der Traum von der Volkspartei ausgeträumt ist. Die Jahre mit Merkel haben sie kleiner und gleichzeitig berechenbarer gemacht.

Das weiß vermutlich auch Steinbrück, der das Ampel-Szenario eigentlich bräuchte, um seinem Kanzleranspruch angesichts hartnäckiger Rot-Grün-Schwäche Glaubwürdigkeit zu verleihen. Dass er die Diskussion zurzeit scheut, wird der SPD-Linken geschuldet sein, die er nicht weiter aufscheuchen möchte. Genauso wie für Steinbrück ist die Wahl 2013 aber auch für eine ganze Führungsgeneration grüner Politiker die letzte Chance, sich noch einmal den Traum vom Regieren zu erfüllen. Vier weitere Oppositionsjahre würde die Führungsriege um Trittin, Künast und Roth wohl kaum überstehen – das muss man bedenken, wenn es um den Wert grüner Prinzipientreue geht. Der rot-grüne Leidensdruck jedenfalls ist hoch.

Und die FDP? Oft wird übersehen, dass die radikale Steuersenkungspartei von einst inhaltlich längst entkernt ist. Die Liberalen sind in den Mainstream deutscher Regierungspolitik eingeschert. Selbst treue FDP-Anhänger halten einen Abbau von Staatsschulden inzwischen für wichtiger als ungedeckte Steuersenkungen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die notwendige Sanierung der Staatsfinanzen in Zukunft wohl nur über eine höhere Vermögens- und Erbschaftsbesteuerung zu bekommen sein wird. Das ist nicht so unliberal wie es scheint: Wer einen Wettbewerb unter Bürgern will, muss fairerweise ausgewogene Startchancen schaffen. Große Vermögen zu erben, hat dagegen wenig mit Leistung zu tun. Für die FDP könnte das eine Brücke sein.

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