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Meinung: Bush – Lebenselexier für die Demokraten

Die Linke in den USA ist so lebendig wie lange nicht mehr – ein Verdienst des Präsidenten/Von Jacob Heilbrunn

POSITIONEN

George W. Bushs dauerhaftestes Erbe dürfte nicht der Einmarsch im Irak sein, nicht die Steuererleichterungen oder die Tatsache, dass er Partner Amerikas verärgert hat. Stattdessen könnte es eine überraschendere Leistung sein: dass er die amerikanische Linke von den Toten erweckt hat.

Seit der verheerenden Präsidentschaft Jimmy Carters war die Linke wie ein totes Tier auf der Landstraße. Bill Clinton wurde als Neuer Demokrat gewählt, der die Partei modernisieren sollte. Was er auch tat. Clinton übernahm weitgehend republikanische Positionen. Aber nun kehren die Demokraten zu ihren linken Wurzeln zurück – getrieben vom Hass auf George Bush.

Demokraten mögen Reagan verachtet haben, aber sie dachten nie, er sei böse. Bush aber ist es. Der Journalist Jonathan Chait hat dieses Gefühl kürzlich im Wochenmagazin „The New Republic“ auf den Punkt gebracht: „Ich hasse George W. Bush. Er erinnert mich an den Jungen, der einen tollen Sportwagen zum 16. Geburtstag bekam und glaubte, er habe sich das irgendwie verdient. Ich hasse die Art, wie er geht. Ich hasse, wie er spricht. Ich nehme an, dass ich ihn sogar noch mehr hassen würde, wenn ich ihn persönlich kennen lernen würde.“

In Bushs Vorstoß in den Irak sehen Demokraten zweierlei: Die Falschheit dieser Regierung und ihre Gier. Die nicht gefundenen Massenvernichtungswaffen und die Schwierigkeiten bei der Besetzung des Irak haben die Kampagnen von Howard Dean und Wesley Clark vorangetrieben. Demokraten wie Senator Joseph Lieberman, der den Krieg befürwortete, sind irrelevant.

Im Kongress haben demokratische Senatoren den Mund gehalten, als der Präsident in den Krieg zog. Nun haben sie ihm den Krieg erklärt. Der Fall des früheren Botschafters und Kriegskritikers Joseph C. Wilson und seiner Frau Valerie, die als CIAAgentin enttarnt wurde, riecht nach Taktiken, wie sie Nixon benutzte. Wer auch immer in der Regierung ihren Namen offen legte, hat ihre ausländischen Kontakte gefährdet und ihre Möglichkeiten zunichte gemacht, weiter verdeckt für die CIA zu arbeiten. Wer so etwas getan hat, verübte eine Tat, die von den Republikanern als Hochverrat gebrandmarkt worden wäre. Nun rufen die Demokraten nach einem Sonderermittler und wollen das Weiße Haus vorführen, so wie es die Republikaner mit Bill Clinton getan haben. Das Weiße Haus hat einen großen Fehler begangen, sich Wilson vorzunehmen: Nun können Demokraten den Einschüchterungsversuchen der Regierung ein Gesicht geben.

Das andere Thema, das die Demokraten wiederbelebte, dreht sich um Geld. Darum, wie die Bush-Mannschaft an ihre bevorzugten Geschäftspartner und ehemaligen Berater Bonbons verteilt. Joe Allbaugh, der im Jahr 2000 die Wahlkampagne Bushs leitete, arbeitet nun in der Wirtschaft und berät Kunden, die im Irak an Aufträge kommen. Halliburton, bis 2000 von Cheney geleitet, hat den größten Teil der Aufträge im Irak bekommen. Aber die Demokraten könnten ihre Karten auch überreizen, wenn sie Bush zu erbarmungslos attackieren und ihm deshalb die Sympathien zufliegen. Bush hat die Demokraten reaktiviert. Ob von Dauer, wird davon abhängen, ob der Patient wirklich wiederbelebt wurde – oder nur eine Phase wilder Zuckungen durchlebt, bevor er wieder ins Koma fällt.

Der Autor ist Leitartikler der „Los Angeles Times“. Foto: Kai-Uwe Heinrich

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