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Meinung: CDU in der Krise: Zwei Meinungen kein Streit

Doppelspitze nennt die CDU/CSU die nach dem Rücktritt Wolfgang Schäubles etablierte Aufteilung der Macht zwischen Partei- und Fraktionsvorsitz. Angela Merkel und Friedrich Merz sollen gemeinsam und in Abstimmung mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber den politischen Führungsanspruch der Union demonstrieren.

Doppelspitze nennt die CDU/CSU die nach dem Rücktritt Wolfgang Schäubles etablierte Aufteilung der Macht zwischen Partei- und Fraktionsvorsitz. Angela Merkel und Friedrich Merz sollen gemeinsam und in Abstimmung mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber den politischen Führungsanspruch der Union demonstrieren. Die doppelte Spitze aber agiert anders, als ihre gedanklichen Schöpfer sich das gedacht haben. Immer wieder zeigen die Spitzen in verschiedene Richtungen, und gelegentlich scheinen sie auch gegeneinander gerichtet. Kurz: Die Doppelspitze funktioniert nicht. Wie auch? Sie kann gar nicht reibungslos funktionieren.

Merkel und Merz sind keine eineiigen Zwillinge, sondern zwei grundverschiedene Menschen, von denen sich vorerst keiner unterordnet. Auch das ist normal, denn beide spüren, dass keiner von ihnen so dominant ist, dass sich eine natürliche Rangfolge ergeben müsste. Dies Merkel oder Merz anzulasten, wäre unfair. Die Erfinder der Doppelspitze haben die komplizierte Konstruktion gerade deshalb gewählt, weil der CDU zurzeit eine überragende Führungspersönlichkeit fehlt und weil sie wussten, dass keiner von beiden Anwärtern jetzt schon über die notwendige Durchsetzungskraft und Akzeptanz verfügt.

Nach dem um Jahre verspäteten Rückzug Helmut Kohls und dem resignativen Abgang Wolfgang Schäubles war ein Vakuum entstanden. Der im Herbst 1998 abgewählte Kanzler und zurückgetretene Parteichef hatte sich um den Führungsnachwuchs wenig gekümmert. Schäubles Zeit, um mit seiner ganzen Erfahrung Merkel und Merz auf kommende Pflichten vorzubereiten, erwies sich als viel zu kurz. Die beiden, die nun Partei und Fraktion leiten sollen, ähneln daher halb erwachsenen Kindern, denen die Vorbild gebenden Eltern fehlen.

Auch hier gilt: Merkel und Merz sind daran nicht schuld. Sie sind tatsächlich keine Passepartouts, die sich im unauffälligen und schlichten Weiß oder Schwarz jedem Bild anpassen, über das man sie legt. Sie suchen ja ihren eigenen Rahmen noch. Es wäre ein Wunder, wenn die beiden ihre immer mal wieder gegensätzlichen Ansichten, sowohl in der Sache, als auch in Fragen der Strategie, nicht äußern würden. Sie haben doch verschiedene Funktionen. Merkel muss an die tonangebende Rolle der Partei erinnern, Merz auf den Machtfaktor Fraktion und deren Sachkompetenz hinweisen. Merkel tut sich auch deshalb schwer, manchmal besonders, weil sie die alte Bundesrepublik aus eigenem Erleben nicht kennen kann und ihr die Hausmacht fehlt. Merz, von der rheinischen Republik geprägt, hat noch längst nicht die ganze Fraktion hinter sich versammelt. Außerdem muss er die Sorgen des größer gewordenen Deutschland erst noch erspüren. Profilieren sollen sie sich dabei aber auch noch! Wer unter den medialen und parteiinternen Beobachtern da permanenten Konsens erwartet, überfordert beide in der Sache. Und menschlich.

Was ihnen fehlt, ist eine ihre Politik und Äußerungen koordinierende Hand, sind erfahrene und loyale Unionspolitiker, die im Stile eines Kanzleramtsministers der Opposition Unstimmigkeiten im Vorfeld bereinigen. CDU-Bundesgeschäftsführer Willi Hausmann und der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Hans-Peter Repnik, zum Beispiel könnten dieses Bindeglied zwischen der Parteivorsitzenden und dem Fraktionschef bilden. Eine übereilte Nominierung einer Kanzlerkandidatin oder eines Kanzlerkandidaten würde hingegen keines der derzeitigen Probleme der CDU lösen, eben weil die herausragende Führungspersönlichkeit noch nicht erkennbar ist. Und auch wenn Edmund Stoiber verständlicherweise keine Lust auf eine chancenlose Abnutzungskandidatur gegen Gerhard Schröder hat - ein gewichtiges Wort mitreden wird die CSU in jedem Fall.

Was bleibt der Union also? Zweierlei. Deutlich machen, dass verschiedene Ansichten kein Zeichen von Streit, sondern von erwünschter Binnenpluralität sind. Und dann die Sachfragen, die viele Menschen bewegen. Gesundheit, Rente, Natur, Ernährung, Familie, soziale Gerechtigkeit - das alles sind klassische Themen für Konservative. Nicht nur für die von Rot und Grün.

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