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Bernd Lucke, Chef der Alternative für Deutschland.

© dpa

CDU und AfD: Kauder spielt der Protestpartei in die Karten

Volker Kauder will sich nicht mit AfD-Leuten in eine Talkshow setzen. Dabei sollte die CDU offensiv mit der Protestpartei umgehen. Denn nichts macht Populisten so schnell groß wie regierende Parteien, die nur verdruckst gegenhalten.

Von Robert Birnbaum

Oft ist Erfahrung nützlich, doch manchmal grade nicht. Generalstäbe neigen dazu, in ihren Sandkastenspielen so lange den letzten Krieg zu führen, bis sie ihn gewonnen haben. Um so sicherer verlieren sie den nächsten. Volker Kauder ist auf dem Wege, in die gleiche Falle zu geraten. Und weil der Unionsfraktionschef nicht der Einzige ist, könnte der Irrtum Folgen haben. Die Rede ist vom Umgang mit der neuen Konkurrenz von der „Alternative für Deutschland“. Er würde sich nicht mit AfD-Leuten in eine Talkshow setzen, hat Kauder gesagt und das mit seinen Erfahrungen als General der Südwest-CDU im Kampf gegen die Republikaner begründet: Bloß nicht aufwerten, sei auch damals – und erfolgreich – die Devise gewesen.

Daran ist richtig, dass die CDU die rechte Truppe seinerzeit konsequent ignoriert hat. Falsch ist, dass sie deswegen verschwunden wäre. Die Reps waren am Ende, als Union und SPD ihnen mit dem Asylkompromiss das zentrale Aufregerthema wegnahmen; den Rest besorgten sie selbst durch die übliche Ranküne und Unfähigkeit.

Taktischer Fehler von Kauder

Nun ist die AfD zwar auch durch ein Aufregerthema entstanden. Aber die Euro-Krise ist für sie nur der Kristallisationskern eines breiteren Unbehagens. Man sieht das gut daran, dass die Truppe bei der Europawahl praktisch genau so viele Wähler hatte wie bei der Bundestagswahl. In der Union finden das viele beruhigend, dabei sollte es sie sorgen: Diese Protestpartei ist recht stabil.

Der zweite Unterschied zu Kauders erstem Krieg besteht darin, dass auch das gegnerische Personal nicht so eindimensional ist wie seinerzeit bei den Reps. Es gibt in der AfD allerlei unappetitliche Figuren. Aber an der öffentlich sichtbaren Spitze dominieren verzweifelte Konservative und Populisten. Bleibt drittens der Umstand, dass das mediale Schlachtfeld anders aussieht als in den 1990er Jahren. Kauder hat alle Chancen, dass das nächste Dutzend Talkshows sich zum Thema nimmt, warum Kauder nicht mit der AfD in Talkshows will – als Gäste grüßen Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel.

Kauders öffentliche Ankündigung ist also mindestens taktisch ungeschickt. Protestparteien setzen sich gern als verfolgte, vom Establishment ausgegrenzte Unschuld in Szene. Man muss ihnen das nicht auch noch leicht machen.

Lehren aus der Europawahl ziehen

Ohnehin hält die Europawahl für die Union eine andere und bessere Lehre bereit. Die Europa-Hasser sind auf dem Kontinent überall dort stark geworden, wo ihnen Regierungen nach dem Mund redeten – London, München – oder „Brüssel“ die Schuld für eigenes Versagen in die Schuhe schieben wollten – siehe Frankreich. Das deutlichste Gegenbeispiel ist Italien, wo ein klar seinen Kurs verteidigender Regierungschef die Schar der Angreifer zurückschlug.

Populisten macht nichts so schnell groß wie regierende Parteien, die nur verdruckst gegenhalten. Und in einer Mediengesellschaft wirkt die Ankündigung, mit „denen“ nicht zu reden, nun einmal verdruckst. Dieser Krieg wird in einer anderen Welt ausgefochten als der gegen die Republikaner ’92/96. Wenn der General Kauder auch diesmal gewinnen will, tut er klüger daran, für seine Sache auch an der TV-Front zu kämpfen.

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