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Meinung: Champions der Politik

Paris schmiedet einen riesigen Energiekonzern – gegen den Markt und die Verbraucher

Was da in Frankreich entsteht, ist riesig: 64 Milliarden Euro Umsatz, 36 Millionen Kunden, 200 000 Mitarbeiter. Einen echten Superkonzern möchte die französische Regierung aus den Energieunternehmen Gaz de France und Suez schmieden . Dabei ist die Megafusion für die Energiebranche nicht einmal einzigartig: Erst vor wenigen Tagen erklärte der deutsche Eon-Konzern sein Interesse am spanischen Versorger Endesa. 29 Milliarden Euro ist dem Unternehmen der Markteintritt in Europas Süden wert.

Trotzdem haben die Pläne der Franzosen eine andere Dimension. Bei Suez und Gaz de France geht es nicht einfach um einen Zusammenschluss, wie er auf freien Märkten üblich ist. Hier geht es um ein Projekt der französischen Regierung, die die Fusion aktiv vorantreibt. Sie will einen „nationalen Champion“.

Einen Gefallen tut sich die Regierung in Paris damit nicht. Zwar mag ein solcher Großkonzern das europäische Gewicht Frankreichs betonen. Auf dem heimischen Markt jedoch wird der Wettbewerb ausgehebelt. Schließlich kann kein Unternehmen dieser Größe der Versuchung widerstehen, seine Macht zum eigenen Nutzen auszuspielen. Die französischen Verbraucher können sich schon jetzt auf noch stärker steigende Energiepreise einstellen.

Vorteilhafter wären solche Fusionen – wenn sie denn schon sein müssen – auf transnationaler Ebene. Schließen sich Unternehmen über Ländergrenzen hinweg zusammen, bleibt die Konzentration auf den jeweiligen Heimatmärkten auf einem einigermaßen erträglichen Niveau. Vielleicht rücken die einzelnen Regionen so sogar enger zusammen – zum Beispiel, wenn Eon Strom aus Spanien nach Deutschland verkauft. Den verkrusteten Energiemärkten würde das zumindest gut tun.

Richtig sinnvoll werden transnationale Zusammenschlüsse aber erst dann, wenn sich die europäischen Versorger nicht nur gegenseitig kaufen, sondern über die EU hinaus gehen. Denn nur dort gibt es die Produzenten, die auf den Öl- und Gasfeldern sitzen. Kooperationen mit diesen Unternehmen hätten tatsächlich eine langfristige strategische Bedeutung: Die europäische Energieversorgung würde sicherer – und eines Tages vielleicht auch wieder billiger.

Die Minderheitsbeteiligung von Eon am russischen Gaskonzern Gasprom ist ein erster Schritt in diese Richtung. Natürlich machen die Russen dabei nicht umsonst mit. Im Gegenzug müssen sich die westlichen Unternehmen womöglich ihrerseits für Beteiligungen von Gasprom öffnen. Doch von Nachteil muss das nicht sein: Je enger Erzeuger und Abnehmer verbunden sind, desto unwahrscheinlicher werden Lieferkrisen wie im russisch-ukrainischen Gasstreit. Für die Verbraucher bringt das mehr als einzelne nationale Champions.

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