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China und Tibet: Lernen aus Olympia 1936

2008 finden die Olympischen Spiele in Peking statt. Will die Welt wieder kritiklos einer Diktatur zujubeln und die Opfer vergessen?

Im Jahre 1936 hatte die Welt auf den von den Nazis organisierten Olympischen Spielen in Berlin Hitler zugejubelt. Der Diktator und spätere Massenmörder fühlte sich in seiner menschenverachtenden Politik bestärkt.

2008 finden die Spiele in Peking statt. Will die Welt wieder kritiklos einer Diktatur zujubeln und die Opfer vergessen? Viele sagen, die beiden Diktaturen seien nicht vergleichbar. Das ist nur bedingt richtig, denn aus der Sicht der Opfer von Diktaturen spielen die ideologischen Unterschiede, die es natürlich gibt, keine große Rolle. Der chinesische Bürgerkrieg und die sich anschließende kommunistische Diktatur haben im 20. Jahrhundert in China nach Meinung von Historikern mehr als 50 Millionen Menschen das Leben gekostet.

Soll die freie Welt also, wegen der Lage in Tibet, die Olympischen Spiele in Peking boykottieren – so wie es einige Länder 1980 in Moskau wegen des damaligen sowjetischen Afghanistan-Kriegs gemacht haben? Viele junge Tibeter sind für einen Olympiaboykott. Sie können und wollen es nicht erleben, dass die Welt ihren Peinigern zujubelt. Das ist verständlich, aber ist es politisch klug? Der Dalai Lama, als politischer und weltlicher Führer von der großen Mehrheit der Tibeter anerkannt, ruft nicht, vielleicht noch nicht, zum Boykott der Spiele auf. Er schlägt aber zu Recht vor, nicht die Augen zu verschließen vor den Gräueltaten der Machthaber in Peking, sondern Klartext zu reden und die Menschenrechtsverletzungen beim Namen zu nennen.

Vielleicht sehen jetzt auch manche Kritiker in Deutschland, wie wichtig und richtig es war, dass die Bundeskanzlerin 2007 den Dalai Lama getroffen hat.Die Lehre aus den olympischen Spielen von 1936 für uns heute heißt: Nie wieder feige schweigen. Die Stummen und Gefolterten auf der ganzen Welt brauchen unsere Stimme.

Der Autor leitete und moderierte von 1972 bis 1992 das ARD-Magazin „Report“. Heute schreibt er Bücher und ist Ökologe.

Franz Alt

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