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Meinung: Clevere Schattenspiele

Von Robert Birnbaum Ach, was muss das Cleverle mit sich gerungen haben! Nie, nie wieder wolle er in ein Kabinett eintreten, hat Lothar Späth sich selbst geschworen.

Von Robert Birnbaum

Ach, was muss das Cleverle mit sich gerungen haben! Nie, nie wieder wolle er in ein Kabinett eintreten, hat Lothar Späth sich selbst geschworen. Und nun doch. Ach, was muss der Kanzlerkandidat mit dem Ministerkandidaten gerungen haben, bis der ihm das Ja-Wort gegeben hat! Zwei sorgsam Schweißgebadete, die sich da am Montag der Öffentlichkeit präsentieren, ein „Spielführer“ (Stoiber über Stoiber) und sein „personifizierter Aufschwung“ (Stoiber über Späth).

Stoibers Wahl ist mehrfach aufschlussreich. Sie ist, erstens, cleverer, als sie auf den ersten Blick scheint. Späth gilt in der politischen Gemeinde als Überschlauer und unter Wirtschaftsexperten als einer, dessen Karriere als Retter der Jenoptik auf sehr viel Staatsgeld beruht. Derlei Naserümpfen tut seinem guten Ruf beim Volk, zumal beim ostdeutschen, wenig Abbruch. Außerdem verspricht Stoiber, das Wirtschaftsressort zum Konjunkturministerium mit umfassender Zuständigkeit für Wirtschaft, Arbeit, Geld und Kredit aufzuwerten. Der Super-Minister in spe kann so ungebremsten Optimismus verbreiten, er werde das Ding schon schaukeln.

Die Personalie bewahrt, zweitens, Stoiber davor, sich selbst aus der Deckung herauszubegeben. Bei Späth steht nicht zu befürchten, dass er ein Mikrofon links liegen lässt. Er kann auch all das sagen, was der Kandidat lieber nicht so laut sagt („Verkrustungen auflösen“). Stürmt er mal zu weit vor, pfeift ihn der Spielführer eben sanft zurück.

Drittens aber hat Stoiber mit der Personalie Späth – ob bewusst, ob unabsichtlich – eine zweite Personalie massiv angeheizt. Der Kandidat hat nämlich eindeutig klar gestellt, dass jeder, der als Fachmann für irgend etwas in sein Kompetenzteam geht, auch zum Ministeramt bereit sein muss. Diese Festlegung hat Folgen vor allem für einen: für den Fraktionschef Friedrich Merz.

Merz scheidet damit aus dem Kreis der Fach-Kompetenzler aus. Denn eine solche Verantwortung zu übernehmen, würde bedeuten, den Anspruch auf die Fraktionsspitze aufzugeben. Merz darf also – wie seine Dauer-Konkurrentin Angela Merkel – nur als Generalist im Team mitwirken. Sollten sich die Dinge anders fügen, bliebe Merz ein Trost: Ganz ernst ist das mit der Ministrabilität nicht gemeint. Schließlich würde Stoiber nicht allein regieren. Der Partner hieße vermutlich FDP. Die gibt den Anspruch auf das Wirtschaftsressort nicht billig auf und kaum im Tausch gegen ein zum Kassierer degradiertes Finanz-Ressort.

Kanzlerkandidat Westerwelle wird nicht Kanzler. Ministerkandidat Späth hat gute Aussicht auf ein ähnliches Schicksal. Vielleicht hat das Stoiber das Überreden ja etwas leichter gemacht.

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