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CSU-Parteitag: Diplomatie, bayrisch

Keiner beherrscht das Imponiergehabe derzeit besser als der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. Keinem anderen aber auch zeigte die eigene Partei jetzt in Nürnberg so kaltschnäuzig wie elegant, was sie von solchen Rummelplatzattitüden hält.

Wirtschaftlich ist das Bundesland Bayern neben Baden-Württemberg nach 1949 zum Aufsteiger Nummer eins in der Bundesrepublik geworden. Keine andere Region hat sich so dynamisch entwickelt, wagte so entschlossen den Sprung vom Agrar- zum Hochtechnologiestandort. Vom Umgangsstil her aber zeigt die Spitze der wichtigsten Partei dieses Bundeslandes immer wieder Rückfälle in jene eher tribalen Zeiten, in denen man dem mächtigen Nachbarstamm mit Drohgebärden den Schneid abzukaufen suchte. Keiner beherrscht dieses Imponiergehabe derzeit besser als der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. Keinem anderen aber auch zeigte die eigene Partei jetzt in Nürnberg so kaltschnäuzig wie elegant, was sie von solchen Rummelplatzattitüden hält.

Auf den ersten Blick darf sich Seehofer über ein fast sozialistisch hohes Wiederwahlergebnis von 88,09 Prozent der Stimmen freuen. Bei seiner ersten Wahl im letzten Oktober waren es noch 90,34 Prozent gewesen, aber den Verlust von 2,25 Prozent führte der alte und neue Chef dann in einem Anflug von Selbstkritik auf sein gelegentlich undiplomatisches Verhalten zurück.

Tatsächlich aber hat ihm das eigene Parteivolk signalisiert, was es von Seehofers Stil und Richtung hält. Von den rund 1000 Delegierten gaben nämlich nur 806 gültige Stimmen ab. Die meisten der fehlenden 200 Delegierten waren einfach nicht im Saal – eigentlich erstaunlich, weiß man doch als politisch aktiver Mensch, dass die Öffentlichkeit genau verfolgt, mit welchem Grad an Zustimmung der Mann an der Spitze in den Bundestagswahlkampf geschickt wird. Seehofer bekam 710 von 1000 möglichen Stimmen. Das sind etwas mehr als 70 Prozent und somit das, was man eine politische Ohrfeige nennt. Die CSU lässt sich von ihrem Vorsitzenden nicht zum Narren machen, lautet die Botschaft, auch wenn der sich oft wie ein Narr benimmt.

Gerd Appenzeller

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