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© dapd

CSU scheitert mit Einflussnahme beim ZDF: Wie mutig sind die Mainzelmännchen?

Ein CSU-Sprecher ruft beim ZDF an und will - sagt das ZDF - einen Beitrag verhindern. Der Aufruhr, der folgt, ist gigantisch. Die Aufregung ist aber künstlich, meint unser Autor: Denn der Angriff, um den es hier geht, war gar keiner.

In einer historisch einmaligen Schlacht konnte am vergangenen Sonntag am Mainzer Lerchenberg ein hinterhältiger Angriff auf die Pressefreiheit von todesmutigen Redakteuren abgewehrt werden. Es gelang den Journalisten, mehrere Angriffswellen, die per Telefon und SMS beim Staatssender ZDF anbrandeten, ohne Folgen für das Programm zurückzuschlagen. Nach noch immer unbestätigten Gerüchten soll ihnen vom Sprecher der CSU mit „Diskussionen“ gedroht worden sein.

So ungefähr lautet die Nachricht des Donnerstags, jedenfalls gemessen am ernsten Furor, der losbrach, als diese Tage nach dem genannten Vorfall auf wundersame Weise doch noch in die Öffentlichkeit gelangte.

Unstrittig ist, dass jener CSU-Sprecher mit mehreren, auch leitenden Mitarbeitern des ZDF Kontakt aufgenommen hatte, um mit ihnen über die Berichterstattung zum SPD-Landesparteitag in Bayern zu reden. Dieser Sprecher ist, darauf wird man sich verständigen können, ein echter Trottel. Meinte er wirklich, auf diese Weise einen Beitrag verhindern zu können?

Wenn man sich anschaut, wie die Reaktionen auf diesen läppischen Versuch sind, könnte man allerdings meinen: Ja, das dachte er – etwa sogar zu recht?

Ein Politiker (oder dessen Sprecher) spricht einen Journalisten an, ruft einen Journalisten an, mailt einen Journalisten an – wie oft das passiert, weiß jeder, der auf der einen oder anderen Seite damit zu tun hat. Und was will er, der Politiker? Zur Pressefreiheit beitragen? Vielleicht das auch, aber natürlich will er vor allem etwas in seinem Sinne erreichen, eine bestimmte Sichtweise durchsetzen. „Das können Sie alles senden“, hatte Horst Seehofer vor ein paar Monaten im ZDF gesagt, als schon das vertrauliche Nachgeplauder lief. Ja, so ist das, manchmal wollen sie, manchmal nicht, na und?

„Spinning“ nennt man das auch, und manchmal spinnen sie wirklich. Christian Wulff war das passiert mit seinem Anruf beim Chefredakteur der „Bild“. Aber auch der musste erst mal ziemlich lange warten, bis sich die Gerüchte so weit verbreitet hatten, dass sich eine andere Zeitung erbarmte, daraus einen Skandal zu machen: Die Pressefreiheit ist in Gefahr!

Toller Witz, großes Gelächter. Derartige Politikerdummheit ist nichts anderes als eine Steilvorlage für Journalisten, um später mit geschwellter Brust damit zu prahlen, man habe die eigene „Unabhängigkeit bewiesen“ – so auch diesmal wieder. Aus einem Allerweltsfall, der am journalistischen Selbstverständnis abprallt, und das auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wird eine gratismutige Showeinlage.

Hätten sie beim ZDF eben darüber diskutieren müssen, warum sie den Beitrag gezeigt hatten. Aber die Justizministerin fordert Aufklärung, betroffen spricht der Standesvorsitzende von einem „brisanten Angriff“ und mahnt, die Dimension des Geschehens zu bedenken – ja, wenn er es denn mal täte!

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