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Meinung: Da geht’s ab

Piëch beschädigt Pischetsrieder – und schadet damit Volkswagen

Ferdinand Piëch ist ein schwieriger Zeitgenosse. Der Umgang mit Menschen gehört nicht zu seinen Stärken. Trotzdem (oder deswegen?) hat er es weit gebracht; viele Jahre war er Chef von mehr als 300 000 VW-Mitarbeitern in aller Welt. Piëch selbst hat Bernd Pischetsrieder als seinen Nachfolger ausgesucht. Seit beinahe vier Jahren leitet der nun Europas größten Konzern. Piëch hat sich nach Salzburg verzogen und passt als Aufsichtsratsvorsitzender auf, dass in Wolfsburg alles rund läuft. Das Problem dabei: Wenn man Piëch ärgert, wird es gefährlich.

Bernd Pischetsrieder ist ein gemütlicher Mann. Er angelt gern. Bei BMW, wo er 26 Jahre lang war, hat man ihn nie schreien hören. Mit Entscheidungen lässt er sich Zeit. Pischetsrieder wägt ab, sichert nach allen Seiten, prüft die letzte Facette. Der Bayer unterscheidet sich sehr vom Österreicher. Das muss kein Schaden sein für VW. Beide sind unumstrittene Autofreaks. Doch Pischetsrieder hat Piëch ziemlich geärgert.

Nachdem sich im Herbst Porsche bei VW beteiligt hatte, spielte Pischetsrieder mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten und VW-Aufsichtsrat Christian Wulff über Bande gegen Piëch. Weil die Familie Piëch an Porsche beteiligt ist, unterstellten die beiden einen Interessenkonflikt und wollten Piëch aus dem Aufsichtsrat entfernen. Das ist ziemlich schief gegangen und liegt auch schon einige Monate zurück. Doch der Rachedurst Piëchs ist noch nicht gestillt. Gemeinsam mit der IG Metall hatte er bereits im Herbst einen neuen Personalvorstand gegen Wulff und Pischetsrieder durchgesetzt. Und jetzt will er auch noch Pischetsrieders Kopf.

Piëch und sein Personalvorstand Peter Hartz haben ein gutes Jahrzehnt einvernehmlich mit der IG Metall den Konzern gesteuert und gut damit gelebt. Die Kumpanei von Hartz mit Betriebsratschef Klaus Volkert hat den Konzern einige Millionen gekostet, der Schaden für das Image aller Beteiligten ist gar nicht bezifferbar. Vielleicht wollte Pischetsrieder den Betrugs- und Puffskandal nutzen, um das Wolfsburger Modell, das vertrauliche Miteinander von Unternehmen, Betriebsrat und IG Metall, zu beenden. Aber mit welchem Ziel?

Ohne die Mitarbeiter und deren Vertreter ist VW nicht zu sanieren. Und dass die Arbeitskosten in den westdeutschen Werken, wo der Haustarif gilt, zu hoch sind, wird ebenso wenig bestritten wie die Überkapazitäten und die Effizienzmängel. Von den anstehenden Sanierungsmaßnahmen werden „alle betroffen sein“. Das sagt nicht Pischetsrieder, sondern Personalvorstand Horst Neumann. Und der ist auf dem IG-Metall-Ticket nach Wolfsburg gekommen.

VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard kündigt „schmerzhafte Veränderungen“ an und will in den kommenden drei Jahren die Produktivität um 30 Prozent erhöhen. Das bedeutet – wenn nicht gleichzeitig die Produktion steigt – den Verlust von zehntausenden Arbeitsplätzen. Es geht aber nicht anders, wenn VW den Vorsprung von Toyota aufholen will. Piëch und Pischetsrieder habe es so weit kommen lassen. Gemeinsam. Wenn einer geht, dann sollte der andere nicht bleiben.

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