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Meinung: Da steh ich nun, ich armer Tor

Klaus Zwickel tritt zurück und die IG Metall fällt auf die alte Personallösung zurück

Gewonnen hat Jürgen Peters, verloren hat die IG Metall. Auf diesen Satz lässt sich die Entscheidung der Metallgewerkschafter reduzieren, nun offenbar doch mit dem Tandem Jürgen Peters und Berthold Huber in die kommenden vier Jahre zu gehen. Am Ende hat bei den Reformern der Mut nicht gereicht, der IG Metall nach außen sichtbar eine Richtungsentscheidung abzufordern. Am Ende hat doch gesiegt, was bei der Metall immer siegt, wenn es wirklich eng wird: die Geschlossenheit nach außen, die Einheit um jeden Preis. Die Gewerkschaft hat die Gelegenheit verpasst, sich nach dem tarifpolitischen Debakel in Ostdeutschland und nach dem offenen Streit ihrer beiden Vorsitzenden einer eigenen, nach vorne gewandten Wertediskussion zu stellen.

Auf den ersten Blick ist alles wieder so, wie es im April beschlossen wurde. Doch es ist schlimmer: Klaus Zwickel ist nicht nur ab-, er ist zurückgetreten. Er verlässt als klarer Verlierer die Bühne, überstimmt, ausgebremst, am Ende selbst im eigenen Lager umstritten. Jürgen Peters dagegen, der Kandidat gegen den Willen des Chefs, geht mächtiger denn je aus dem Führungsstreit hervor. Er hat gezeigt, dass man bei der IG Metall vor allem Stehenbleiben können muss, um sich für die Spitze zu qualifizieren. Er hat die Eigenschaften, die man für ganz vorne braucht, sagen selbst seine Gegner mit einigem Respekt: Diktatorisch genug, um die Organisation hinter sich zu zwingen. Resistent genug, um auch berechtigte Vorwürfe an sich abperlen zu lassen. Machtbewusst genug, um sich selbst und – so hoffen die kleinen und mittleren Funktionäre – auch die IG Metall in die erste Reihe zu pushen. Insofern schadet es dem inneren Frieden der Gewerkschaft wahrscheinlich nicht, dass Klaus Zwickel gescheitert ist und Jürgen Peters trotz seiner Fehleinschätzungen und seiner fragwürdigen Streikstrategie in Ostdeutschland nun der neue Gewerkschaftschef wird.

Dass Berthold Huber am Ende doch wieder antreten wird, hat wohl vor allem mit der Angst der Reformer in der Gewerkschaft zu tun, endgültig abgehängt zu werden: Eine Gewerkschaftsspitze ohne einen Baden-Württemberger ist in der IG Metall undenkbar, ein Duo aus Peters und einem weiteren Traditionalisten kaum vorstellbar.

Ein paar Dinge allerdings wird es in der IG Metall nicht geben: Den von den Mitgliedern der Gewerkschaft in den vergangenen Tagen so vehement geforderten personellen und inhaltlichen Neuanfang. Ein Vorstandsduo, „zwischen das kein Blatt Papier passen darf“, wie ein früherer IG-Metall-Chef einmal forderte. Die IG Metall wird mit Jürgen Peters nicht demokratischer, nicht offener und vor allem keine Gewerkschaft für die Jungen, die Angestellten.

Schon jetzt ist auch klar, wo und wie sich die beiden Vorsitzenden streiten werden, wenn sie denn gemeinsam antreten – und dann auch gewählt werden: Jürgen Peters wird zwar Chef, doch sieht es so aus, als würde Berthold Huber das wichtige Gebiet der Tarifpolitik bekommen. Im Gegensatz zu Huber hält Peters aber überhaupt nichts davon, den Betriebsparteien mehr Rechte bei der Lohnfindung einzuräumen. Im Gegensatz zu Huber hält er die Arbeitszeitdebatte noch längst nicht für abgeschlossen. Und: Im Gegensatz zu Huber hat Peters viele Gründe, die Lohn- und Gehaltstarifrunde im kommenden Herbst zu benutzen, um sich vor den eigenen Mitgliedern als Tarifpolitiker zu rehabilitieren und die Stärke der Gewerkschaft nach außen zu dokumentieren.

Das alles ist genügend Sprengstoff, um das Spitzen-Tandem, das sich nur aus Gründen der Gewerkschaftsräson wieder zusammen gefunden hat, zu sprengen. Vermutlich wird nicht das Verhalten von Jürgen Peters die Antwort auf die Frage geben, wie lange diese Gewerkschaftsspitze hält – sondern die Leidensfähigkeit von Berthold Huber.

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