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Darüber spricht ganz …: … Amerika

Christoph von Marschall über die späte Liebe der US-Bürger zu kleinen Autos.

Ein Schock war nicht genug. Vor drei Jahren konnte man meinen, Amerikas Welt sei zusammengebrochen – so laut klagten die US-Bürger 2005 über den Benzinpreis. Der überschritt zu Beginn der Ferienreisezeit drei Dollar pro Gallone. Das entsprach einem Literpreis von 66 Eurocent, halb so viel wie in Deutschland. Doch die US-Bürger maßen den „jump at the pump“, den Preisanstieg an der Zapfsäule, am Vorjahr. 2004 hatte die Gallone zwei Dollar gekostet.

Es kam noch schlimmer. Hurrikan „Katrina“ zerstörte New Orleans, legte Ölplattformen im Golf von Mexiko und Raffinerien an der US-Küste lahm. Der Benzinpreis stieg auf unglaubliche 3,60 Dollar. Bis dahin konnte den Amerikanern kein Auto zu geräumig und kein Hubraum zu groß sein. SUVs, Pickups und Acht-Zylinder-Limousinen waren die Lieblinge der Nation. Unter dem Benzinpreisschock machten nun sparsame Autos Karriere, voran Toyotas Hybrid-Modelle. Hollywoodstars ließen sich mit ihren Neuerwerbungen fotografieren. Im Rückblick muss man sagen: Es war eine reine PR- Karriere. Hybridmotoren wurden 2005 zum Gesprächsthema und schmückten Farbanzeigen. Zum Verkaufsschlager wurden sie nicht. Der Benzinpreis sank wieder unter drei Dollar. Zur Hauptreisezeit 2006 und 2007 lag er zwar erneut deutlich höher. Aber es schien, als arrangierten sich die Kunden mit dem Preisdiktat der Energiekonzerne. Sie kauften weiter große Autos, freilich mussten GM, Ford und Chrysler hohe Rabatte gewähren, um sie loszuschlagen.

Amerika hat jedoch umgedacht. Es dauerte ein bisschen, offenbar waren drei Sommer mit wiederkehrenden Benzinpreisschocks nötig. Doch die neuesten Zulassungszahlen belegen: Die Bürger kaufen sparsamere Autos, nicht notwendig mit Hybridtechnik, aber Kleinwagen. Im Vergleich des April 2008 mit demselben Vorjahresmonat hat der Honda Fit um 54 Prozent zugelegt, der Toyota Yaris um 46, der Ford Focus um 32 Prozent. Erstmals seit Jahrzehnten wurden mehr Autos mit vier Zylindern als mit sechs Zylindern verkauft. Die Ford-Pickups der Serie F, zuvor das meistverkaufte Modell in den USA, erlitten Verkaufseinbußen von 30 Prozent, die populärsten SUVs um 20 bis 25 Prozent. „Es ist die dramatischste Verschiebung, die ich in meinen 31 Berufsjahren erlebt habe“, zitiert die „New York Times“ George Pipas, Marketingstratege bei Ford. Das Blatt stellt Dave Strom aus Virginia als stolzen Neubesitzer eines Smart vor. Dieses Mini-Auto war 1993 in Kalifornien entwickelt worden. Erst jetzt hat es eine Chance auf dem US-Markt.

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