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Darüber spricht ganz …: … England

Markus Hesselmann über eine Instanz, die ihre Seele zu verlieren droht: die Premier League. Jetzt will die englische Fußball-Liga auch noch im Ausland antreten.

England hat der Welt nicht nur das Königshaus und den Kapitalismus geschenkt, sondern auch den modernen Sport. Das Land – einst von imperialer Größe, jetzt in einer Identitätskrise über seine Rolle in Europa und der Welt – kann sich selbst aber nur noch selten über sportliche Erfolge freuen. Im Fußball, dem schönen Spiel, dem nationalen Sport, hat gerade der Wiederaufbau nach der verpassten EM-Qualifikation begonnen. Mit ein bisschen Hilfe von italienischen Freunden. Fabio Capello und sein Trainerteam sollen Frank Lampard und die anderen fit machen für die WM 2010. Im Hier und Jetzt spendet die Premier League Trost, die erste englische Liga. Arsenal, Chelsea, Liverpool und Manchester United stehen im Achtelfinale der europäischen Champions League, das am Dienstag beginnt. Vier Mannschaften – das schafft sonst keiner in Europa, nicht die Spanier, nicht die Italiener, und schon gar nicht die Deutschen oder die Franzosen.

Doch irgendwie ist da immer dieser Makel: Die Premier League gilt gar nicht mehr so richtig als englische Liga. Tabellenführer Arsenal stellt kaum einmal einen Engländer auf. Keines der englischen Champions-League-Teams hat einen englischen Trainer. Viele Klubs auf der Insel gehören russischen Oligarchen oder amerikanischen Tycoons. Und jetzt will die Liga auch noch im Ausland antreten. Einer Idee ihres Geschäftsführers Richard Scudamore zufolge soll ein zusätzlicher Spieltag weltweit ausgetragen werden, mit Spielen zum Beispiel in Hongkong oder in Sydney.

Doch das geht jetzt vielen offenbar zu weit. Das Thema lappt aus den ohnehin schon umfangreichen Sportteilen der Zeitungen auf die Kommentar- und Hintergrundseiten. Von Wettbewerbsverzerrung ist die Rede, weil einige Klubs am zusätzlichen Spieltag noch einmal gegen stärkere Teams antreten müssten, während andere sich über leichtere Gegner freuen dürften. In der Debatte schwingt aber auch die Angst vorm endgültigen Ausverkauf mit, vor der nachhaltigen Beschädigung einer nationalen Institution mit 120 Jahren Tradition. Dabei ist die Premier League mit ihren Millionen von Fans auf allen Kontinenten längst keine nationale Angelegenheit mehr. Ihre Internationalisierung mag für viele Engländer ein Makel sein, doch davon profitiert sie finanziell und darauf beruht ihr sportlicher Erfolg. Und auf diesen Erfolg sind wiederum die Engländer stolz. Die Premier League ist eine Weltliga. Da wirkt der Vorschlag nur konsequent, jetzt loszuziehen, hinaus in die Welt.

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