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Darüber spricht ganz…: … Kuba

Sandra Weiss über ungeahnte Kommunikationsformen auf der Karibikinsel: Raúl Castro hat das Telefonieren mit Handys erlaubt.

Auf den ersten Blick sah es so aus wie ein deutscher Schlussverkauf, was in den Intershops da diese Woche stattfand. Gruppen Schaulustiger drängelten sich vor den Auslagen. Als erstes Zeichen seiner Reformbereitschaft hatte Kubas neuer Staatschef Raúl Castro Anfang der Woche das Verkaufsverbot für verschiedene Elektro- und Elektronikartikel aufgehoben – und damit das Ende der tropischen Variante des Gulaschkommunismus eingeläutet. Nun dürfen kubanische Normalbürger endlich legal Computer, Schnellkochtöpfe, Handys, DVDs, Motorroller und Fernseher kaufen, was zuvor nur mit allerlei Tricks möglich war – darunter die Bestechung von Funktionären. „Das war längst überfällig“, kommentierte ein Mittvierziger nach dem Kauf eines nagelneuen, knallroten Motorrollers. Für das Zweirad blätterte er 754 CUC hin – umgerechnet 520 Euro. Eine Frau, die einen DVD-Spieler für umgerechnet 80 Euro erworben hatte, gab ihm recht: „Dass wir Fernseher kaufen können, untergräbt ja nicht gleich den Sozialismus“, erklärte sie. Auf dem Schwarzmarkt hätte sie für das Gerät vorige Woche noch fast 100 Euro bezahlen müssen.

Einige Kunden trugen stolz Pappkartons aus den Geschäften, während der Staatssicherheitsdienst für Ordnung sorgte und die anwesende Presse mit den Worten „fotos no“ verscheuchte. Die meisten Kubaner allerdings waren nur aus Neugier gekommen und seufzten beim Anblick der Preise. Ihr durchschnittlicher Monatslohn liegt bei umgerechnet 15-20 Euro. Wer keinen Zugang zu Devisen hat – sei es durch einen Job in den Joint Venture-Betrieben oder durch Verwandte im Ausland – kann von derartigen Luxusgütern weiter nur träumen. Und das sind immerhin gut die Hälfte der elf Millionen Kubaner. Auch die seit Anfang der Woche legalisierte Übernachtung in internationalen Hotels bleibt für die Mehrzahl unerschwinglich – aber immerhin werden sie nun nicht mehr verscheucht, wenn sie sich in der Lobby des altehrwürdigen Hotel Nacional von einem Touristen zu einer Cola einladen lassen.

Der Effekt ist vor allem psychologischer Natur – weder wird er merklich die Wirtschaft ankurbeln noch droht er die Autorität der Regierung zu untergraben. Satellitenschüsseln oder Internetanschlüsse stehen weiterhin unter Kontrolle des Staates. Doch der Ball ist ins Rollen gekommen. Bruderland Venezuela versprach diese Woche, Kuba einen Breitband-Internetanschluss zu verschaffen, und der freie Verkauf von Computern und Handys dürfte die Kommunikation innerhalb und mit der Karibikinsel deutlich verbessern.

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