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Meinung: Das Ende der Diktatoren

Von Caroline Fetscher

Saddam Husseins Richter haben in Bagdad ihr Urteil gefällt. Es verlangt den Tod durch den Strang für den als Massenmörder Angeklagten. Das Urteil klingt unmenschlich. Doch der Prozess ist ohne Zweifel ein Zeugnis für globalen Fortschritt. Eines Tages, Generationen von heute entfernt, wenn Historiker sich den Archiven unserer Epoche widmen, werden sie lesen können, was etwa der Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta aus Ost-Timor vor ein paar Jahren sagte: „Heutzutage kann jemand, der Hunderte von Menschen ermordet und ein Land zerstört hat, nicht mehr einfach nur gefeuert werden.”

Während sich weltweit die Demokratie als Staatsform ausbreitet, stehen mehr und mehr gestürzte Diktatoren vor Gericht. Wie kam es, könnten sich die Historiker der Zukunft fragen, dass vorher die meisten Tyrannen friedlich in ihren Betten starben, wie Stalin, Pol Pot oder Franco? Oder wie Idi Amin und Mengistu Exil bei Nachbarn fanden? Gelegentlich, ja, wurden Tyrannen von der Bevölkerung hingerichtet – Ceausescu etwa –, ein anderer, Hitler, entkam seinem Urteil durch Selbstmord. Dass sich Gewaltherrscher vor einem Gericht verantworten müssen, ist, sieht man von den Prozessen in Nürnberg nach dem Zweiten Weltkrieg ab, ein funkelnagelneues Phänomen der Geschichte, eben mal älter als ein Jahrzehnt. Slobodan Milosevic, Saddam Hussein vor Gericht? Das hätte noch vor zehn Jahren wohl kaum jemand für möglich gehalten. Neben den Ad-Hoc-Tribunalen für Ruanda und Ex-Jugoslawien entstand auch der permanente Internationale Strafgerichtshof (ICC) für Kriegsverbrecher. Dort muss sich etwa Joseph Kony verantworten, Kopf der „Lord’s Resistance Army“ aus Uganda, der Tausende unschuldiger Menschen auf dem Gewissen hat.

Mit der Verwandlung der Welt in einen globalen, demokratischen Rechtsraum erleben wir den Beginn einer Umwälzung. Ganz anders als der viel beschworene Trend zur Anti-Aufklärung suggeriert, finden wir uns auf globalem Niveau dort, wo eine Utopie real wird: Keine Straffreiheit für die Missbraucher von Macht. Es ist eine Umwälzung, an deren Ende solche Tribunale einmal überflüssig werden könnten – dann, wenn sich nirgends mehr Gesellschaften bereit erklären, einem Kim Jong Il zuzujubeln, einem Lukaschenko, Fidel Castro oder Saddam Hussein.

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