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Meinung: Das kostet ihn ein Lächeln

Was Bush jetzt von Schröder erwarten kann: alles außer dem Irak-Einsatz

Was will er nun eigentlich, der Kanzler? Einerseits hat sich Gerhard Schröder den Handschlag von Präsident Bush beim Gruppenfoto der Staatschefs fast erschlichen. Andererseits bleibt er dabei: keine militärische Beteiligung Deutschlands bei einem Irak-Krieg, auch nicht mit UN-Mandat. Also alles nur für die Kameras?

Schröder hat das Bild der Aussöhnung gebraucht. Auch ihm war nicht entgangen, dass es in Deutschland trotz der weit verbreiteten Kritik am Irak-Kurs der USA so etwas gab wie einen Trennungsschmerz. Zwar waren viele im Sommer ehrlich empört über das Großmachtgehabe der USA und wollten, dass Europa dem ein deutliches „Nein“ entgegenstellen würde. Als sich aber die Dynamik des deutschen Neins im Wahlkampf verselbstständigte, zog man entsetzt den Kopf ein. So war es nicht gemeint. Der Selbstüberschätzung folgte die Ernüchterung, Erschütterung gar. Deshalb musste Schröder diesen Handschlag haben: um einer verunsicherten Nation zu zeigen, dass sich die alte Schutzmacht nicht gänzlich abgewendet hat.

Die Art, wie ganz Deutschland diesem Moment entgegenfieberte, zu welch zentralem Thema die „persönliche Chemie“ zwischen den beiden Staatsmännern wurde, zeigt, wie wirksam die Strategie der kalten Schulter war. Die Amerikaner haben ein Exempel statuiert. Wer aus der Reihe tanzt, wird mit Liebesentzug bestraft. Ganz Europa hat die Lektion gelernt. Selten war ein Nato-Gipfel auch nach außen so von den Amerikanern dominiert worden. Denn für die Nato gilt dasselbe wie für Deutschland: Wer nicht mitmacht, wenigstens ein bisschen, wird bedeutungslos. Das ist auch ein Preis, den Europa für Deutschlands Eskapade zahlt. Denn auf eine Fundamentalposition wie die, dass man nicht einmal mit UN-Mandat eine militärische Intervention unterstützen werde, ließ sich keine gemeinsame europäische Opposition aufbauen. Nun erfährt Bush von den europäischen Nato-Partnern kaum noch Widerstand. Ein Kontinent ist kleinlaut geworden.

Den Handschlag und das, wofür er steht – die Wiederannäherung Deutschlands an Amerika – gibt es nicht umsonst. Die Frage ist also nicht so sehr, was der Kanzler will, als: Was kann er noch wollen? Bei seinem „Nein“ muss er bleiben. Weiteren Ärger mit den USA darf er aber ebenfalls nicht riskieren. Das heißt, Deutschland wird die USA im Kriegsfall von anderen Aufgaben entlasten, wie schon in Afghanistan und in Kosovo geschehen. Vielleicht wird man sogar helfen, US-Truppen und Gerät in die Golfregion zu verlegen. Überflugrechte und die Benutzung ihrer Basen in Deutschland hätte man den Amerikanern ohnehin kaum verwehren können. Auch bei der Frage des EU-Beitritts der Türkei werden die Amerikaner weitere Zugeständnisse verlangen.

Der Kanzler darf also beides: Bushs Hand schütteln und eine Kriegsbeteiligung verweigern. Dafür werden Deutschlands Spielräume enger bei allen anderenThemen, die den USA wichtig sind. Das Lächeln Bushs, es hat einen Preis – zumindest für Schröder.

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