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Meinung: Das Recht auf Vermögen

Die SPD streitet um eine Steuer, die nur schadet

Von Lutz Haverkamp

Die SPD argumentiert in der Debatte um die Vermögensteuer jetzt mit dem Begriff der Gerechtigkeit. Das klingt ja immer gut – ist es aber auch richtig? Um es gleich vorweg zu sagen: Die Wiedereinführung der Vermögensteuer erhöht die Gerechtigkeit des deutschen Steuersystems nicht. Sie kann es gar nicht. Denn eine Gerechtigkeitslücke zwischen denen, die Vermögensteuer zahlen müssten, und denen, die davon verschont blieben, existiert so nicht.

Was heißt hier überhaupt Gerechtigkeit? Nach der jetzigen Steuersystematik werden hohe Einkommen und Löhne stärker besteuert als niedrige – eine Binsenweisheit. Wer viel konsumiert, zahlt über die Mehrwertsteuer außerdem mehr an den Staat als jemand, der sein Geld lieber spart – auch eine Binsenweisheit. Aber selbst Zinsgewinne, Einkünfte aus Aktien- und Immobilienspekulationen werden mit Abgaben belastet.

Dieses Verfahren ist Grundlage des deutschen Steuersystems. Es führt dazu, dass die besserverdienenden aller Steuerpflichtigen, 20 Prozent, rund 67 Prozent der Einkommensteuer zahlen. Und die untere Hälfte auf der Einkommensskala? Sie leistet knapp zehn Prozent des gesamten Aufkommens. Unterm Strich kann das System getrost als gerecht bezeichnet werden. Es ist die Leistungsfähigkeit des Einzelnen, die über die Höhe seiner Belastung entscheidet. Eine Höhe von 50 Prozent will das Bundesverfassungsgericht nicht überschritten sehen. Die Vermögensteuer durchbricht aber dieses Prinzip, weil sie die aktuelle Leistungskraft des Besteuerten ignoriert. Sie zielt auf die Vermögenssubstanz.

Die Fragen sind konkret, Genossen: Ist es gerecht, eine Familie, die auf Konsum verzichtet, um sich das lang ersehnte Haus zu kaufen, nochmal mit einer Vermögensteuer zu belegen – nur weil der aktuelle Marktpreis der Immobilie etwa in München alle Freibeträge sprengt, aber ein realer Ertragsgewinn gar nicht existiert? Ist es gerecht, einen Mittelständler, der mit seinen Investitionen wettbewerbsfähige Arbeitsplätze schafft, ein persönliches sowie unternehmerisches Risiko trägt und das Betriebsvermögen in die Höhe treibt, zu bestrafen? Ist es nicht.

Die Politik kann entscheiden, trotzdem diese Steuer zu erheben. Sie kann sagen, diese Vermögen sind im Stande, immer noch mehr zu leisten als der Rest der Gesellschaft. Die Politik kann sich aber dabei nicht auf Gerechtigkeit berufen. Wenn manche Sozialdemokraten erklären, die Vermögensteuer sei ureigene sozialdemokratische Politik, dann meinen sie höchstens Umverteilung. Gerechtigkeit sieht anders aus. Gerecht ist, wenn eine Gesellschaft Unterschiede zulässt, auch beim Wohlstand. Unabhängig davon, mit welchen Mitteln wirkliche Armut bekämpft wird – Reichtum muss möglich sein. Ohne Neid. Wirklich gerecht wäre, wenn alle Bürger ihre Steuerlast wirklich trügen, ohne Kapitalflucht, Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung. Aber das setzt nicht neue, sondern weniger und niedrigere Steuern voraus. Wenn alle sich gerecht behandelt fühlen, dann klappt’s auch mit der Gerechtigkeit.

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